Artikel 36 - Der große Statusbericht zum Klimawandel!
Artikel 36.2 - Teil 2 - Erderwärmung
Herzlich willkommen! Wir freuen uns sehr, dass Sie da sind!
Einleitung:
In diesem Teil des Statusberichts behandeln wir das erste Element unseres Überblicks über die Zusammenhänge: Erderwärmung (siehe die Grafik zu den Zusammenhängen in Artikel 36.1).
Am Ende des Artikels gibt es einen Artikel Zusatzinformationen zu Artikel 36.2. Wenn LeserInnen mehr über das Thema erfahren wollen, können Sie mit den Zusatzinformationen tiefer ins Thema einsteigen:
Hier erläutern wir auch, welche Datenquellen wir verwendet haben und warum gerade diese.
Für etliche unserer Grafiken – auch wenn diese einfach aussehen – sind umfangreiche Berechnungen notwendig. In den Zusatzinformationen erklären wir die Berechnungen [1].
Sie können diese Zusatzinformationen lesen, es ist aber nicht notwendig, um diesen oder die folgenden Teile des Statusberichts zu verstehen!
Erderwärmung
Das ist das alles entscheidende Element!
Wenn es keine Erderwärmung gäbe, hätten wir auch keinen Klimawandel.
In den Medien wird sehr viel darüber geschrieben, wie groß unser „Treibhausgasbudget“ ist, d.h. wie viel Treibhausgase wir noch ausstoßen können, bevor es kritisch wird. Es wird auch viel darüber geschrieben, wie viel fossile Energieträger (Kohle, Öl, Gas) wir noch verbrennen können, bevor es kritisch wird. Das ist zwar grundsätzlich sinnvoll, kann aber irreführend sein. Das letzte Jahrzehnt hat uns gezeigt, dass die Geschwindigkeit der Erderwärmung meist unterschätzt wird, d.h. die Erde erwärmt sich schneller als es die Voraussagen vorher-sehen. Wir haben nichts davon, wenn wir unser Treibhausgasbudget zwar eingehalten haben, aber leider ist die Erderwärmung über das kritische Maß gestiegen. Dann haben wir den Kampf gegen den Klimawandel trotzdem verloren.
Da dies der Wissenschaft bewusst war, wurde das Ziel der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 [2] auch in Grad Erderwärmung und nicht in erlaubtem Treibhausgasausstoß oder erlaubter Menge verbrannter fossiler Energie-träger festgesetzt!
Wie messen wir die Erderwärmung?
Wir sehen uns an, um wie viel Grad Celsius [3] sich die Lufttemperatur der Erde gegenüber der „vorindustriellen Zeit“ verändert hat. Als Temperatur in der „vorindustriellen Zeit“ wurde die weltweite Durchschnittstemperatur in den Jahren 1850 bis 1900 definiert [4].
Vielen Menschen fällt auf, dass der Klimawandel nicht mit absoluten Temperaturen gemessen wird (z.B. auf der Erde hat es eine durchschnittliche Temperatur von 14° C), sondern mit Veränderungen (z.B. heute ist es um 1,46° C wärmer als in der Zeit von 1850 bis 1900). Wenn man weiß warum, ist das logisch, einleuchtend und leicht verständlich – leider wird es viel zu wenig erklärt. Das holen wir hier nach:
Eine weltweit „richtige“ Durchschnittstemperatur anzugeben ist nicht sinnvoll möglich und wird daher auch nicht angegeben. Begründung:
Es gibt auf der Welt viele tausende Temperaturmessstellen, die von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), nationalen Wetterdiensten und Forschungsinstituten betrieben werden. Die Temperatur über dem Meer misst man typischerweise mit Bojen, Schiffen und mithilfe von Satelliten.
Diese Temperaturmessstellen sind natürlich nicht gleichmäßig auf der Erde verteilt. Um die exakte Temperatur auf der Erde mit all ihren kleinräumigen Unterschieden zu einem bestimmten Zeitpunkt zu messen, müsste man auf jeden Quadratkilometer einen Messfühler setzen, im Himalaja ebenso wie in der Antarktis, im Regenwald ebenso wie in allen Wüsten. Allein für die Landfläche bräuchte man dann 150 Millionen Thermometer. Über 70 Prozent der Erdoberfläche sind jedoch von Wasser und (noch) von Eis bedeckt. Für die gesamte Erde würde man also 500 Millionen Messstellen benötigen. Es ist leicht verständlich, dass dies unmöglich ist.
Was man aber genau weiß ist, wie sich die Temperatur bei den tausenden Messstellen verändert. Man weiß natürlich auch genau, wo sich diese Messstellen befinden, am Land oder am Meer und in welchen Ländern. Man kann daher genau angeben, wie sich die Temperatur am Land über dem Meer, für jeden Kontinent und für jedes Land an den dort befindlichen Messstellen verändert hat.
Wenn jemand unbedingt eine absolute Temperatur will, so verwenden Sie 14° C als weltweite Durchschnittstemperatur für die Zeit 1850-1900. Wenn Sie diese 14° C zu den Veränderungen hinzugeben, die wir im Folgenden zeigen, haben Sie einen Schätzwert für die absolute Temperatur – aber eben nur einen Schätzwert. Die Temperaturveränderungen sind aber keine Schätzwerte, sondern exakt ermittelt!
Wie hat sich die Erderwärmung seit 1900 verändert?
Quelle: NOAA [1] und eigene Berechnungen [5] [6] [7]
Zunächst zu den Grenzen:
Bei der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 wurde Folgendes vereinbart: „Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2° C über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900); Anstrengungen, um den Temperaturanstieg auf 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“. [8] Die 1,5° und 2° zeigen der orange und rote Balken rechts in der Grafik.
Das Wort Ziel haben wir unter Anführungszeichen gesetzt. Als Ziel versteht man normalerweise etwas, was man erreichen will. Die globale Temperatur hat 2024 nahezu die 1,5° schon erreicht. Wir alle wissen, dass der Klimawandel bereits jetzt große Schäden anrichtet (Dürren, Waldbrände, Missernten, Hitzetote, Wirbelstürme, Überflutungen, etc.) und für die betroffenen Menschen katastrophal sein kann. Gut ist daher an einer Erderwärmung von 1,5° nichts!
Bei 2° wird es für die Menschheit extrem gefährlich! 2015 hat man das 2°-Ziel eingeführt, weil man davon ausging, dass bis zu diesem Temperaturanstieg die Klimaerwärmung noch unter Kontrolle gehalten werden kann. Heute geht die Wissenschaft davon aus, dass Kipppunkte im Klimasystem bereits unter 2° ausgelöst werden können. Ein Überschreiten der Kipppunkte bedeutet, dass das Erdklima sich um mehrere Grade weiter erwärmen würde, ohne dass die Menschheit die Entwicklung stoppen könnte.
Was zeigt uns die Grafik?
Als die Staaten den Klimavertrag von Paris 2015 vereinbart haben, war die globale Temperatur bereits um 1,09° höher als in der Zeit von 1850 bis 1900. Das bedeutet, dass sich die globale Temperatur nur mehr um 0,41° erhöhen darf, um die 1,5° zu erreichen.
Zwischen 2015 und 2024 (Heute) – also innerhalb von nur 9 Jahren - hat sich die globale Temperatur um 0,37° erhöht. Wenn sich die globale Temperatur mit dieser Geschwindigkeit weiter erhöhen würde, hätten wir die 2° bereits nach ca. 13 Jahren – also im Jahr 2037 erreicht. Viele Staaten der Erde haben sich zum Ziel gesetzt, den Treibhausgasausstoß bis 2050 auf null zu reduzieren. Aber 2050 wäre zu spät, wenn wir die kritische Grenze bereits 2037 überschritten hätten!
Konnte die Menschheit die Geschwindigkeit der Erderwärmung verlangsamen?
Alle Regierungen beteuern, dass sie den Klimawandel ernst nehmen und dagegen wirksame Maßnahmen ergreifen.
Die Medien berichten ständig, dass beim Ausbau erneuerbarer Energien Jahr für Jahr neue Rekorde erzielt werden.
Daraus könnte man schließen, dass die Erderwärmung bereits weit fortgeschritten ist – siehe die 1,46° Erwärmung bisher –, aber jetzt die Zunahme der Erderwärmung eingedämmt wird.
Die Realität ist jedoch eine Andere!
Quelle: NOAA [1] und eigene Berechnungen
Wir sehen uns nun an, um wie viel die Erderwärmung im Vergleich zum vorhergehenden Jahrzehnt gestiegen ist. Beispiel: Sie brauchen in der ersten Grafik nur von den 0,77° Erwärmung in den 2000er-Jahren die 0,58° Erwärmung in den 1990er-Jahren abzuziehen und erhalten die 0,19°, in denen die Erwärmung in den 2000er-Jahren stärker gestiegen ist als in den 1990er-Jahren.
Was zeigt uns die Grafik?
Die globale Temperatur ist in jedem Jahrzehnt stärker gestiegen als im Jahrzehnt davor!
Das heißt, der Klimawandel hat sich nicht verlangsamt, sondern beschleunigt!
Alleine in den letzten nur 5 Jahren - von 2020 bis 2024 - ist die globale Temperatur stärker gestiegen als in jedem der letzten 3 Jahrzehnte davor!
Ist die Erderwärmung überall gleich hoch?
Nein! Die Erderwärmung ist über Land deutlich höher als global (also Land und Meer zusammengenommen). Die Gründe hierfür sind hauptsächlich folgende:
Land erwärmt sich schneller, weil es weniger Wasser hat, das die Wärme speichert. Wasser braucht mehr Energie, um sich zu erwärmen, und gibt diese auch langsamer wieder ab, was zu einer niedrigeren Temperatur über den Ozeanen führt.
Landflächen, besonders wenn sie bebaut sind, nehmen mehr Sonnenlicht auf und strahlen weniger zurück als das Meer.
Wasser verdunstet und kühlt die Umgebung, während trockene Landflächen diese Kühlung nicht haben. Das bedeutet, dass sich Gebiete mit weniger Feuchtigkeit schneller erwärmen.
Es gibt aber nicht nur Unterschiede zwischen Land und Meer und nur Land, sondern auch zwischen einzelnen Weltregionen. Die Polregionen erwärmen sich stärker als andere Regionen.
Quelle: NOAA [1] und eigene Berechnungen
Was zeigt uns die Grafik und welche Bedeutung hat dies?
Eine Erderwärmung von bisher 1,46° erscheint vielen vermutlich nicht hoch.
Die Menschheit lebt aber am Land und nicht im Meer. Am Land ist die Erderwärmung ca. 70% höher als global (Land und Meer). Am Land haben wir bereits eine weltweite durchschnittliche Erwärmung von 2,44° erreicht.
Wir planen in einem zukünftigen Artikel genau zu erläutern, bis zu welcher Temperatur der Mensch überhaupt überleben kann, das heißt, welche Temperatur der menschliche Körper aushält. Die schnellere Erderwärmung am Land wird dafür sehr bedeutsam. Nur soviel vorab:
Bereits heute sterben jedes Jahr weltweit zehntausende Menschen an den Folgen von Hitzewellen – insbesondere ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen [9].
Bereits heute erreichen die Temperaturen in einigen Weltregionen Werte, bei denen ein Arbeiten im Freien auch für gesunde Menschen gesundheitsgefährdend ist.
Das Maß, bis zu welcher Temperatur ein Mensch lebensfähig ist, ist die sogenannte „Feuchtkugeltemperatur" [10]. Sie ist eine Kombination aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Eine Feuchtkugeltemperatur von 35° C gilt als kritische Grenze, da sie das Risiko für Hitzestress und Hitzschlag erhöht.
Bereits heute wird diese Feuchtkugeltemperatur bei Hitzewellen in Teilen des Nahen Ostens (Saudi-Arabien, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate), in Regionen des Iran und Irak, in Teilen Indiens und Teilen Australiens überschritten.
Unterscheidet sich der weltweite Temperaturanstieg über Land von dem in Europa und Österreich?
Quelle: Berkeley Earth Surface Temperature Project [11]
Was zeigt uns die Grafik und warum zeigen wir sie überhaupt?
Wir sehen, dass die Unterschiede relativ gering sind. Das heißt, die Erderwärmung über Land ist weltweit ähnlich hoch wie in Europa und Österreich.
Darüber hinaus zeigt uns diese Folie nichts Wesentliches. Warum zeigen wir sie dann trotzdem?
Bei den anderen Elementen des Klimawandels – siehe oben z.B. Anstieg der Menge an Treibhausgasen, Ersatz fossiler durch erneuerbare Energie, Wirtschaftsleistung, Größe der Weltbevölkerung, etc. – werden die Unterschiede zwischen Global, Europa und Österreich beträchtlich sein und wichtig für das Verständnis der Ursachen des Klimawandels.
Daher versuchen wir für jedes Element der großen Zusammenhänge immer die Zahlen für Global, Europa und Österreich zu zeigen.
Zusammenfassung des Status der Erderwärmung:
Die Erderwärmung ist bereits jetzt knapp an kritischen Grenzen!
Die Erderwärmung hat sich in den letzten 30 Jahren immer weiter beschleunigt!
Die Erderwärmung am Land ist wesentlich stärker als über dem Meer! Bereits jetzt gibt es Gebiete, in denen die Höchsttemperatur, bei der Menschen leben können, zeitweise überschritten wird.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Bleiben Sie dran – hören Sie nicht auf zu lesen!
Die Artikelserie wird fortgesetzt.
© Peter Jöchle 2025
Fußnoten:
[1] Am Beginn der Zusatzinformationen erläutern wir, warum wir die Berechnungen erklären. Wir empfehlen dringend, diesen kurzen Text zu lesen – auch wenn Sie den Rest der Zusatzinformationen nicht lesen. Dort wird erklärt, warum es sein kann, dass Sie in anderen Medien, Wikipedia, etc. vielleicht etwas andere Zahlen zum selben Thema finden und warum das nicht bedeutet, dass die eine Zahl richtig und die andere Zahl falsch ist.
[2] Über diese bedeutende Klimakonferenz können Sie nachlesen unter: Wikipedia [1]: UN-Klimakonferenz in Paris 2015 http://bit.ly/4mNnDKj. Hinweis: Weblinks sind oft sehr lange – oft über mehrere Zeilen. Daher verwenden wir zur besseren Lesbarkeit im Text und in den Fußnoten nur sogenannte Kurz-URLs – in unserem Fall von bit.ly. In den Quellenangaben finden Sie dann den vollständigen Weblink. Beide führen aber zur exakt gleichen Webseite.
[3] Temperaturen geben wir immer in Grad Celsius an. Zur leichteren Lesbarkeit kürzen wir Grad Celsius mit °C ab. Wenn wir nur Grad schreiben, meinen wir immer Grad Celsius.
[4] Die Festlegung der Referenzperiode „vorindustrielle Zeit“ als 1850–1900 stammt aus wissenschaftlichen Klimastudien und Berichten des Intergouvernemental Panel on Climate Change (IPCC). Das IPCC hat diese Periode als historischen Referenzzeitraum gewählt, um die Holzkohle-/Dampfmaschinen-Zeit und frühe industrielle Emissionen zu berücksichtigen und den Vergleich zu modernen Temperaturen zu ermöglichen.
[5] NOAA [1]: National Oceanic and Atmosphärik Administration; National Centers for Environmental Information: http://bit.ly/4md8zom
[6] Woher die Klimadaten kommen und wie sie für diese Berechnungen verwendet wurden, wird ausführlich in den Zusatzinformationen zu Artikel 36.2 erläutert.
[7] Da für 2025 noch nicht für alle Monate Werte vorliegen können, betrachten wir 2024 als „Heute“.
[8] Wikipedia [2]: Übereinkommen von Paris http://bit.ly/4pfjZdZ
[9] Für Europa gibt es verlässliche Berechnungen. Man kann davon ausgehen, dass die weltweiten Zahlen ein Vielfaches sind, weil Europa vergleichsweise wenig Einwohner hat und auch nicht zu den heißesten Regionen der Erde gehört. Ballester, J. 2023: https://bit.ly/4mXpzjw
[10] In den Zusatzinformationen zu diesem Artikel erläutern wir die Feuchtkugeltemperatur.
[11] Die Daten für Österreich finden Sie hier: Berkeley Earth Surface Temperature Project http://bit.ly/41XJzdt
Quellenangaben:
Ballester, J. 2023: Ballester, J., Quijal-Zamorano, M., Méndez Turrubiates, R.F. et al. Heat-related mortality in Europe during the summer of 2022. Nat Med 29, 1857–1866 (2023). https://doi.org/10.1038/s41591-023-02419-z
Zusatzinformationen zu Artikel 36.2
Warum können Daten in Future Aid Artikeln manchmal etwas von anderen veröffentlich-ten Daten abweichen?
Für etliche unserer Grafiken – auch wenn diese einfach aussehen – sind umfangreiche Berechnungen notwendig. In den Zusatzinformationen erläutern wir die Berechnungen. Dies hat drei Gründe:
Sie sollen sich ein Bild machen können, wie seriös wir arbeiten – das soll Vertrauen schaffen. Wir wissen, dass unsere Zahlen korrekt sind – aber auch Sie sollen davon überzeugt sein!
Leser:innen sollten – wenn sie das wollen und die Zeit dafür aufbringen – die Zahlen selbst berechnen können.
Es kann sein, dass Sie in anderen Quellen (Medien, Wikipedia, etc.) etwas andere Zahlen zum selben Thema finden. Das bedeutet in der Regel nicht, dass die eine Zahl falsch ist und die andere richtig. Die Hauptgründe für Unterschiede sind häufig:
Die Zahlen zeigen etwas anderes, z.B. die Treibhausgasemissionen sind unterschiedlich, ob man sie mit oder ohne Landnutzungsänderung betrachtet. Die Unterschiede können beträchtlich sein, wenn „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden.
Die Datenquelle ist eine andere. Für viele Daten wie Bevölkerungsgröße, Treibhausgasmenge, Wirtschaftsleistung etc. gibt es verschiedene – staatliche - Organisationen, die diese erheben (Statistikämter, Ministerien, Forschungsinstitute, etc.). Diese haben manchmal etwas unterschiedliche Erhebungsmethoden (z.B. für die EU nach anderen Regeln als für die UNO). Dadurch können etwas unterschiedliche Zahlen entstehen – die Unterschiede sind aber in der Regel gering.
Die eine Zahl ist eine vorläufige, die andere Zahl ist eine finale. Wir wollen so schnell wie möglich Informationen über unsere Umwelt. Daher gibt es für viele Themen nach Ende des Monats oder Jahres Schätzungen für Zahlen. Endgültige Zahlen können oft nur nach vielen Monaten und viel Arbeitsaufwand vorgelegt werden.
Wie kommt man zu den Klimadaten?
Es gibt tausende von Wetterstationen weltweit. Die Daten dieser Wetterstationen werden von internationalen und nationalen Forschungseinrichtungen gesammelt und ausgewertet.
Welches sind die bedeutendsten Forschungseinrichtungen, die Klimadaten sammeln und auswerten?
Der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) https://www.ipcc.ch/ – auch als Weltklimarat bezeichnet - nutzt eine Vielzahl von Klimadatenbanken und Quellen, um seine Berichte und Analysen zu erstellen. Zu den wichtigsten gehören:
NASA Goddard Institute for Space Studies (GISS) Surface Temperature Analysis (GISTEMP): Diese Datenbank liefert globale Temperaturdaten, die von der NASA und anderen Forschungsinstituten gesammelt werden. https://www.giss.nasa.gov/
NOAA National Centers for Environmental Information (NCEI): Hier werden umfangreiche Klimadaten, inklusive Temperatur, Niederschlag und andere Parameter, gespeichert. https://www.ncei.noaa.gov/
Hadley Centre/UK Met Office: Die HadCRUT-Datenbank enthält globale Temperaturaufzeichnungen, die vom UK Met Office und dem Climatic Research Unit (CRU) gepflegt werden. https://weather.metoffice.gov.uk/climate/met-office-hadley-centre/index
Berkeley Earth Surface Temperature Project: Diese Forschungseinrichtung wurde 2010 gegründet, um sich mit den großen Bedenken außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft hinsichtlich der globalen Erwärmung und der instrumentellen Temperaturaufzeichnungen zu befassen. https://berkeleyearth.org/
Wie werden Klimadaten erstellt?
Datensammlung:
Temperaturmessungen werden von Tausenden Wetterstationen weltweit gesammelt.
Satellitendaten ergänzen die Messungen, insbesondere für schwer zugängliche Regionen.
Meeresbojen liefern Daten für die Ozeantemperaturen.
Datenbereinigung:
Rohdaten werden auf Inkonsistenzen, Ausreißer und Messfehler geprüft und bereinigt.
Korrekturen werden vorgenommen, um Unterschiede in Messmethoden und -instrumenten im Laufe der Zeit auszugleichen.
Regionale und globale Durchschnittsbildung:
Die Daten werden in geografische Rasterzellen (z.B. 2° x 2°) eingeteilt.
Für jede Zelle wird die Durchschnittstemperatur berechnet.
Diese regionalen Werte werden gewichtet (z.B. nach Fläche) und zu einem globalen Durchschnitt aggregiert.
Anomalien und Referenzwerte:
Die globalen Durchschnittstemperaturen werden häufig als Abweichungen (Anomalien) vom vorindustriellen Niveau (ca. 1850–1900) angegeben.
Für die tatsächlichen Temperaturen wird eine Referenztemperatur (z.B. 14° C) verwendet, die auf historischen Klimadaten basiert.
Langzeittrends:
Die Daten werden über Jahrzehnte hinweg analysiert, um Trends und Veränderungen zu erkennen.
Statistische Methoden, wie gleitende Durchschnitte und Trendanalysen, helfen, langfristige Entwicklungen sichtbar zu machen.
Welche Daten verwendet Future Aid für die Darstellung der Temperaturentwicklung und warum?
Wir verwenden die NOAA Datenbank: https://www.ncei.noaa.gov/access/monitoring/climate-at-a-glance/global/time-series
Die NOAA-Datenbank umfasst den gesamten Zeitraum von 1850 bis zum aktuellen Monat (2025). Das ist wichtig, weil der Vergleichszeitraum die Periode von 1850 bis 1900 ist.
Die NOAA-Datenbank hat Werte für die gesamte Erdoberfläche (Land and Ocean), aber auch nur für Land.
Die NOAA-Datenbank hat Werte für einzelne Weltregionen. Daher können wir die Werte für Europa auch aus dieser Datenbank gewinnen.
Die NOAA-Datenbank ist relativ einfach zu bedienen.
Warum würden Sie in der NOAA-Datenbank nicht dieselben Werte finden, wie sie Future Aid zeigt?
Zu verstehen, wie wir hier gearbeitet haben, ist wichtig – auch um zu verstehen, wie viel Arbeit notwendig ist, um diese einfachen Grafiken zu erstellen:
Alle Berichte über den Anstieg der Erderwärmung beziehen sich auf die Referenzperiode 1850 - 1900 („vorindus-trielle Zeit“). Darauf hat sich die Wissenschaft geeinigt.
Die NOAA-Datenbank verwendet als Vergleichsbasis bei den globalen Daten aber nicht die Zeit von 1850 bis 1900, sondern von 1901 bis 2000. Das bedeutet, wenn wir eine Abweichung von z.B. +1,2° in der NOAA-Daten-bank finden, dann bedeutet dies, dass es in diesem Monat um 1,2° wärmer war als im Durchschnitt 1901-2000. Wir wollen aber den Vergleich mit 1850-1900!
Um dieses „Problem“ zu lösen, fragen wir in der NOAA-Datenbank ab, um wie viel es in der Periode 1850-1900 wärmer/kälter war als in der Basisperiode von NOAA (1901-2000). Das Ergebnis sind 612 Temperaturdaten für 1850 bis 1900 mit einer durchschnittlichen Abweichung von -0,17° gegenüber der NOAA-Basislinie von 1901 bis 2000. Das bedeutet, in der Zeit von 1850 bis 1900 war es auf der Erde um 0,17° kälter als in der Zeit von 1901 bis 2000.
Wenn wir jetzt die Erwärmung in einem beliebigen Jahr ermitteln wollen, müssen wir zu dem Durchschnittswert von NOAA – der sich ja auf 1901-2000 bezieht – immer 0,17° dazurechnen, um auf die Erwärmung im Vergleich zu 1850-1900 zu kommen.
Ein Beispiel: Die globale Durchschnittstemperatur war 2015 um 0,92° höher als in der Zeit von 1901 bis 2000 (NOAA-Basislinie). Da es 1901-2000 aber bereits um 0,17° wärmer war als 1850-1900 (siehe oben) müssen wir zu den 0,92° noch die 0,17° hinzurechnen. So kommen wir auf einen Wert von 1,09°, um die es 2015 wärmer war als im Vergleich mit 1850-1900. Diese 1,09° verwenden wir auch in der Grafik.
Wir haben unsere Zahlen der Erderwärmung auch mit anderen Klimadatenbanken verglichen – siehe oben – und sehen, dass unsere Berechnungen vollkommen korrekt sind!
Was müssen wir machen, um die Werte für „nur Land“ zu finden?
Das gleiche wie oben. Wir rufen aus der Datenbank die Werte ab für Land und nicht mehr für Land and Ocean.
Wir überprüfen, um wie viel es 1850 - 1900 kälter war als 1901-2000: Es war um 0,45° kälter!
Bei den Werten für einzelne Jahre – die sich ja auf die Zeit 1901-2000 beziehen – müssen wir jetzt 0,45° dazugeben, um den Vergleich mit 1850-1900 zu erhalten.
Was müssen wir machen, um die Europa-Werte zu finden?
Für Europa und auch alle anderen Kontinente gibt es nur Land-Werte, weil man die Ozeane ja nicht einzelnen Kontinenten zuordnen kann.
Für alle nicht globalen Werte verwendet NOAA wieder eine andere Basisperiode: 1910-2000.
Wenn man die Berechnungen wie oben beschrieben macht, ergibt sich, dass es in Europa 1850-1900 um 0,33° kälter war als 1910-2000.
Diesen Wert muss man jetzt zu den Temperaturdaten von NOAA für Europa hinzurechnen.
Was müssen wir machen, um die Österreich-Werte zu finden?
Für die Österreich-Werte müssen wir anders vorgehen.
Die GeoSphere Austria ist die Österreichische Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie, früher bekannt als ZAMG – Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik).
Sie hat auch detaillierte Temperaturdaten – siehe: https://klimaportal.geosphere.at/klimamonitoring/?view=fullscreen¶m=t&period=period-ym-2025-07&ref=1
GeoSphere Austria hat als Referenzperiode den Zeitraum 1961-1990. Das wäre kein Problem, wenn wir auch Daten für Österreich für 1850 - 1900 hätten. Dann könnten wir wie oben beschrieben berechnen, um wie viel es 1850 - 1900 in Österreich kälter war als 1961 - 1990. Diese Daten gibt es aber auf der Webseite der GeoSphere Austria nicht und auch nicht in der NOAA-Datenbank.
Hier hilft uns das oben erwähnte Berkeley Earth Surface Temperature Project: https://berkeleyearth.org/policy-insights/#modal-more-detail. Diese Datenbank hat Werte für jedes Land der Erde – also auch für Österreich - und die Abweichungen zeigen gleich den Unterschied zu 1850 - 1900 – wir brauchen nichts mehr zu berechnen!
Ein kleiner Nachteil besteht darin, dass die Daten mit 2022 enden und noch nicht bis 2024 reichen.
Bei welchen klimatischen Bedingungen ist der Mensch lebensfähig? Die Feuchtkugel-temperatur
Eine einfache Erklärung ist folgende: Wenn Wasser verdunstet, entzieht es der Umgebungsluft Wärme, was zu einer Abkühlung führt. Diese Abkühlung setzt sich fort, bis die Luft vollständig mit Feuchtigkeit gesättigt ist, d. h. sie kann keinen Wasserdampf mehr aufnehmen. An diesem Punkt stabilisiert sich die Temperatur - dies ist die Feuchtkugeltemperatur. [1]
Die Feuchtkugeltemperatur wird mit einem Psychrometer gemessen, das zwei Thermometer enthält: ein Trocken- und ein Feuchtthermometer, das mit einem befeuchteten Docht umhüllt ist.
Die Feuchtkugeltemperatur ist immer niedriger als die Lufttemperatur. Nur bei 100% Luftfeuchtigkeit sind beide Temperaturen gleich.
Eine Feuchtkugeltemperatur von 35° für mehr als 6 Stunden ist für einen Menschen tödlich. [2]
Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, wo die kritischen Grenzen der Lufttemperaturen bei unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit liegen, hier die Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten, bei denen die Feuchtkugeltemperatur 35° überschreitet – es also lebensbedrohlich wird: [3]
Luftfeuchtigkeit in % |
Lufttemperatur in °C |
10% |
69° |
20% |
59° |
30% |
53° |
40% |
48° |
50% |
45° |
60% |
43° |
70% |
41° |
80% |
39° |
90% |
37° |
100% |
35° |
Wenn Sie bedenken, welche Höchsttemperaturen heute bereits jedes Jahr erreicht werden – in der Türkei im Sommer 2025 50,5° C [4] – können Sie erahnen, dass die Situation in den kommenden Jahrzehnten in vielen Weltregionen kritisch wird.
Warum ist eine Feuchtkugeltemperatur von 35° tödlich?
Die Innentemperatur des Körpers darf 42° C nicht überschreiten.
Wenn die Feuchtkugeltemperatur über 35° beträgt, kann sich der Körper nicht mehr durch Schwitzen abkühlen und die Körperinnentemperatur steigt über 42° C.
Ab 42 Grad Körpertemperatur werden lebenswichtige Enzyme und Proteine zerstört, das Gehirn und Organe werden nicht mehr ausreichend versorgt, Organversagen, Koma und Tod sind die Folge. [5]
Es gibt bereits Studien, die beginnen zu analysieren, welche Gebiete in diesem Jahrhundert – wenn der Klimawandel weiter fortschreitet - unbewohnbar werden und wie viele Menschen davon betroffen sein werden. [6]
[1] Eine genauere Definition und ausführliche Erläuterungen finden Sie in: Wikipedia: Kühlgrenztemperatur https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kühlgrenztemperatur&oldid=257534412
[2] S.C. Sherwood, & M. Huber, An adaptability limit to climate change due to heat stress, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 107 (21) 9552-9555, https://doi.org/10.1073/pnas.0913352107 (2010).
[3] Sie können die Feuchtkugeltemperatur für jede Lufttemperatur und jede Luftfeuchtigkeit mit diesem Rechner auch selbst berechnen: https://www.omnicalculator.com/de/physik/feuchtkugeltemperatur
[4] Wikipedia: Dürre und Hitze in Europa 2025 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dürre_und_Hitze_in_Europa_2025&oldid=259774866
[5] Ärzte ohne Grenzen: https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/themen-im-fokus/klimawandel-gesundheit/extremwetterereignisse/hitze
[6] Eun-Soon Im et al., Deadly heat waves projected in the densely populated agricultural regions of South Asia.Sci. Adv.3,e1603322(2017). https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.1603322