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Artikel 23 – Die Wähler populistischer Parteien und die Nichtwähler – Wer sie sind und wie sie denken?

Herzlich willkommen! Wir freuen uns sehr, dass Sie da sind!

 

Einleitung

 

Der Aufstieg populistischer Parteien wird in der Öffent­lichkeit und den Medien seit Jahren massiv diskutiert. Es wird darüber gerätselt, was man gegen den Aufstieg des Populismus tun könnte. Die Vorschläge reichen von Ignorieren über ihre Themen zu den eigenen machen bis zur Einbindung in Regierungsverantwortung um sie dort zu „entzaubern“. Ein Mittel gegen den Populismus scheint aber bis heute nicht gefunden worden zu sein.

 

Wir von Future Aid glauben, dass keine befriedi­genden Antworten gefunden werden, weil die fal­schen Fragen gestellt werden. Die richtige Frage wäre: „Warum wählen Menschen populistische Parteien – was sind ihre Wahlmotive?“

 

Seriöse Forschung zu diesem Thema ist nicht leicht zu finden weil selten. Das verwundert umso mehr, wenn man bedenkt, wie viel in den Medien über den Populis­mus geschrieben wird.

 

Was es recht häufig gibt, ist eine sogenannte „sozio­demografische Analyse“ der Wähler populistischer Parteien. Hier untersucht man ganz einfach ob mehr Männer oder Frauen populistische Parteien wählen, ob mehr junge oder mehr alte Menschen, ob sie eher eine hohe Bildung haben oder eine niedrige und ob die Wähler ein eher hohes oder niedriges Einkommen haben.

 

Die Ergebnisse kennen Sie vermutlich auch. Der typi­sche Wähler populistischer Parteien ist männlich, jung, hat eine niedrige Bildung und gehört eher zu den ein­kommensschwachen Gruppen. Solche einfachen Ein­teilungen werden verwendet, um die Wähler einfach in eine Schublade zu stecken. Aber über die Gründe, warum sie populistische Parteien wählen, sagt das wenig aus.

 

Häufig werden die Wähler populistischer Parteien – auch von vielen Prominenten (der „Elite“) - schlichtweg als dumm bezeichnet. Das erscheint uns von Future Aid als falsch und gefährlich, weil

  • das durchschnittliche Bildungsniveau in den letzten 40 Jahren gestiegen ist und nicht gesunken. Warum haben dann in den 80er Jahren vergleichsweise so wenige Menschen populistische Parteien gewählt?[1]
  • damit unterschwellig zum Ausdruck gebracht wird, dass nur jemand mit hoher Schulbildung intelligent sein kann und dass für das Erkennen von Unge­rechtigkeiten und schlechter Politik Bildung erfor­derlich ist.

 

Wir von Future Aid sind überzeugt, dass nur eine seri­öse Analyse der Wahlmotive und der Lebensumstände der Wähler die Frage beantworten kann, warum immer mehr Menschen populistische Parteien wählen.

 

In diesem Artikel wollen wir das aktuelle Wissen zu diesem Thema darstellen.

 

Dieselben Fragen gelten auch für die Nichtwähler!

 

Wir werden dieselben Analysen für die Nichtwähler anstellen über die es noch weniger gute Forschung gibt. Wir wollen prüfen ob und welche Gemeinsamkei­ten und Unterschiede es zwischen den Wählern popu­listischer Parteien und den Nichtwählern gibt. Wir glau­ben die Ergebnisse sagen viel über die aktuellen Prob­leme unserer Gesellschaft aus.

 

Werte oder Ängste?[2]

 

In den Politikwissenschaften gibt es grob gesprochen zwei Theorien[3], warum Menschen populistische Par­teien wählen. Beide Theorien sind glaubwürdig – aber welche ist richtig?

 

Werte:

Die eine Theorie besagt, dass moderne gesellschaftli­che Entwicklungen, wie z.B. die Forderung nach Gleichstellung von Mann und Frau (Stichwort: Frauen in der Bundeshymne), Homo-Ehe, ethnische Vielfalt (Stichwort: Multikulti) jene Teile der Gesellschaft die traditionellen Werten anhängen, so provozieren, dass sie sich politisch organisieren und so ihrem Unmut Luft machen.

 

Ängste:

Die andere Theorie besagt, dass durch die zuneh­mende Globalisierung sich viele Menschen als Verlierer fühlen oder Angst haben in Zukunft Verlierer zu werden. Hier sind Ängste vor der wirtschaftlichen Zukunft und vor Konkurrenz durch Zuwanderer im Vordergrund.

 

Bei den Werten unterscheiden wir in Traditionalisten und Progressive.[4]

 

Traditionalisten sind Menschen, die einen Wunsch nach Ordnung und Stabilität haben. Traditionalisten bevorzugen starke Führungspersönlichkeiten, die den gegenwärtigen Zustand bewahren und in einer Welt Ordnung schaffen, die die Traditionalisten bedroht sehen.

 

Progressive haben einen Wunsch nach Wandel und Flexibilität. Sie sind generell liberal und lehnen daher Bevormundung durch starke Führungspersönlichkeiten ab. Sie sind weiters sehr fortschrittsgläubig und sehen in Veränderungen hauptsächlich Chancen.

 

Bei den Ängsten unterscheiden wir in die Angsterfüll­ten und die Zuversichtlichen.[5]

 

Die Angsterfüllten sehen die Globalisierung eher als Bedrohung und ihre wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten beiden Jahren verschlechtert und sie sehen ihre wirtschaftliche Zukunft pessimistisch.

 

Die Zuversichtlichen sehen die Globalisierung eher als Chance und ihre wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten beiden Jahren verbessert und sie sehen ihre wirtschaftliche Zukunft optimistisch.

 

Nachdem wir jetzt diese Einteilung getroffen haben, sehen wir uns nun die Ergebnisse an:[6]

Grafik 23.1 - Einteilung der Europäer nach Werten und Ängsten[7]

Die Europäer sind je zur Hälfte Traditionalisten und Progressive. Es gibt etwas mehr Zuversichtliche als Angsterfüllte.[8]

 

Wir wissen, dass die Europäer je zur Hälfte Traditiona­listen und Progressive sind. Gibt es hier aber Unter­schiede nach bestimmten Bevölkerungsgruppen?

 

Wie wir aus der Grafik 23.2 sehen, gibt es bei den Werten kaum Unterschiede zwischen den Bevölke­rungsgruppen.[9] Lediglich bei der Bildung gibt es stär­kere Unterschiede – Menschen mit niedriger Bildung sind um 6% mehr Traditionalisten als Menschen mit hoher Bildung.

Grafik 23.2 - Werte nach Schicht, Bildung, Wohnort und Alter[10]

Bei den Ängsten ist das Bild aber ein deutlich anders: Menschen der Arbeiterschicht, mit niedriger Bildung, ältere Menschen und Menschen, die am Land leben, sind deutlich angsterfüllter als die jeweils andere Bevölkerungsgruppe!

Grafik 23.3 - Ängste nach Schicht, Bildung und Alter[11]

Fassen wir die ersten Ergebnisse zusammen:

 

  • Wenn wir vorerst noch außer Acht lassen welche Parteien die Menschen wählen dann gibt es bei den Europäern gleich viele Menschen, die traditionelle oder progressive Werte vertreten.
  • Die Unterschiede zwischen Traditionalisten und Progressiven sind auch dann gering, wenn man die Menschen nach Schicht, Bildung, Alter, Wohnort und Geschlecht unterschiedlich betrachtet.
  • Wenn wir vorerst noch außer Acht lassen, welche Parteien die Menschen wählen, dann gibt es bei den Europäern mehr zuversichtliche Menschen als Angsterfüllte.
  • Die Anzahl der Angsterfüllten ist mit 40% jedoch recht hoch.
  • Wenn man die Menschen nach Schicht, Bildung, Alter, Wohnort und Geschlecht unterschiedlich betrachtet, dann sind die Unterschiede bei den Ängsten aber viel größer als bei den Werten.
  • Menschen die der Arbeiterschicht angehören ODER niedrigere Bildung haben ODER älter sind ODER auf dem Land leben sind deutlich angsterfüllter als die jeweils andere Bevölkerungsgruppe.

 

Bei den obigen Ergebnissen haben wir aber noch nicht nach Parteien unterschieden, d.h. in den Werten sind die Wähler aller Parteien enthalten. Das Ziel dieses Artikels ist aber zu prüfen, ob die Wähler populistischer Parteien sich mehr durch Werte oder Ängste von denen anderer Parteien unterscheiden. Dies sehen wir uns im nächsten Schritt an.

 

In der nächsten Grafik[12] sehen wir die Ergebnisse für fünf europäische Länder. Am Beispiel Österreich erklären wir wie die Grafik zu lesen ist (POP = Wähler populistischer Parteien; SONST = Wähler aller anderen Parteien):

  • Die Wähler der FPÖ sind zu 47% den Traditionalis­ten zuzuordnen und zu 53% (100-47) den Progres­siven. Die Wähler der anderen Parteien (SPÖ, ÖVP, NEOS, Grüne,…) sind zu 39% Traditionalisten und zu 61% Progressive.
  • Die Wähler der FPÖ sind aber zu 61% den Angster­füllten zuzuordnen und nur zu 39% (100-61) den Zuversichtlichen. Die Wähler aller anderen Parteien sind nur zu 35% den Angsterfüllten zuzuordnen und zu 65% den Zuversichtlichen.

 

Die Ergebnisse sind für alle 9 Länder vollkommen ein­deutig:

  • Die Wähler rechtspopulistischer Parteien sind etwas mehr Traditionalisten als die Wähler aller anderen Parteien. Die Wähler linkspopulistischer Parteien sind mehr Progressive als die Wähler aller anderen Parteien.
  • Die Wähler aller populistischen Par­teien haben deutlich mehr Zukunfts­ängste (Angsterfüllte) als die Wähler aller anderen Parteien.
  • Dies ist umso bemerkenswerter als dies auch für die Wähler aller linkspopulistischen Parteien (z.B. Die Linken in Deutschland, Podemos in Spanien) gilt – obwohl diese progressivere Werte vertreten.
  • Dies gilt ausnahmslos für alle Länder.

 

Damit ist eindeutig klar:

 

Ängste (Zukunftsängste, Globalisierungs­ängste) sind für die Wähler populistischer Parteien ein dominantes Wahlmotiv.

Grafik 23.4 - Werte oder Ängste - Wähler populistischer Parteien verglichen mit den Wählern aller anderen Parteien

Nun wollen wir uns ansehen, welche auffallenden Mei­nungsunterschiede zwischen den Angsterfüllten und den Zuversichtlichen bestehen.

Grafik 23.5 - Meinungsunterschiede zwischen Angsterfüllten und Zuversichtlichen[13]

Die Angsterfüllten sind viel stärker für einen EU-Austritt und sind viel stärker der Meinung, dass es zu viele Ausländer gibt als die Zuversichtlichen. Die Angster­füllten haben auch mehr Misstrauen gegenüber Politi­kern und sind unzufriedener mit der Demokratie – nur sind die Unterschiede hier nicht so groß.

 

Die Situation in Österreich 2017!

 

Die Sozialstruktur der Wähler populistischer Parteien ist in allen Ländern sehr ähnlich.

 

Populistische Parteien:

  • haben überdurchschnittlich viele Wähler aus ärme­ren Bevölkerungsgruppen
  • haben überdurchschnittlich viele Arbeiter als Wähler
  • haben überdurchschnittlich viele Wähler mit geringe­rer Schulbildung

Die Situation in Österreich ist hier keine Ausnahme.

 

Die FPÖ hat bei den Wahlen 2017 26% der Stimmen erhalten. Aber 59% der Arbeiter wählten die FPÖ. Sie ist damit bei den Arbeitern mit weitem Abstand die stärkste Partei.

Die FPÖ hat bei den Wahlen 2017 26% der Stimmen erhalten. Aber 35% der Menschen mit Pflichtschulab­schluss und Lehre wählten die FPÖ. Sie ist damit bei den Menschen mit geringer Schulbildung mit weitem Abstand die stärkste Partei.

Grafik 23.6 - Sozialstruktur der FPÖ-Wähler[14]

Welche Einstellungen haben FPÖ-Wähler?

 

  • Sie sehen stärker die Gefahr, dass sich die Gesell­schaft spaltet.
  • Sie sind mit der Bundesregierung überdurchschnitt­lich unzufrieden.
  • Sie sehen sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft negativer.
  • Absolut herausragend ist aber dass 53% jener, die Österreich als ungerechtes Land sehen, FPÖ-Wähler sind.
Grafik 23.7 - Einstellungen der FPÖ-Wähler[15]

Zusammenfassung:

 

Das Bild ist sowohl in Österreich als auch in allen anderen Ländern der EU eindeutig und gleich:

Grafik 23.8 – Wer wählt populistische Parteien und warum?

Wer sind die Nichtwähler?

 

Wie wir in Artikel 22 gesehen haben, sind die Nicht­wähler mit 35% der Wahlberechtigten die größte „Par­tei“ in der EU. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn sich die Wünsche und Interessen der Nichtwähler  stark von den Wünschen und Interessen der Wähler unterscheiden. Denn dann werden die Nichtwähler von den Regierungen nur mehr unzureichend vertreten. Aus diesem Grund ist es wichtig die Nichtwähler zu kennen – wer sind sie und wie denken sie?

 

Die Nichtwähler wurden von der politikwissenschaftli­chen Forschung leider viel weniger beachtet als die Wähler. Erst seit einigen Jahren werden die Nichtwäh­ler als Forschungsgegenstand wieder erkannt.[16] Die vorhandenen Studien zeigen aber ein sehr eindeutiges Bild:

 

Die Wahlbeteiligung ist umso geringer:[17]

 

  • je geringer die Kaufkraft der Haushalte ist
  • je höher die Arbeitslosigkeit ist
  • je schlechter die Wohnverhältnisse sind und
  • je geringer die Schulbildung ist

 

wobei Arbeitslosigkeit und Schulbildung die wichtigsten Faktoren sind.[18]

 

Der Zusammenhang zwischen Bildung und Wahlbetei­ligung ist in allen westlichen Demokratien zu erken­nen.[19]

 

Ein weiterer wesentlicher Grund für Wahlenthaltung ist Arbeitslosigkeit. Der Effekt ist noch stärker als Bil­dung[20]. Arbeit ist neben dem Ziel Einkommen zu bezie­hen, eines der wichtigsten Elemente sozialer Integration und eines der wichtigsten Elemente für das Selbstwert­gefühl von Menschen. Auch im Zusammenhang mit Angsterfüllten und Zuversichtlichen (siehe oben im Artikel) und Ausführungen, die später im Artikel kom­men, ist Folgendes besonders interessant:

 

Alleine die Angst arbeitslos zu werden senkt die Wahlbeteiligung[21]!

 

Ein dritter wesentlicher Einflussfaktor auf die Wahlbe­teiligung ist das Einkommen[22].

 

Jene die weniger als 1.125,- EUR monatliches Netto­haushaltseinkommen haben gehen nur zu rd. 67% zur Wahl. Jene die mehr als 5.000,- EUR monatliches Net­tohaushaltseinkommen haben gehen jedoch zu 94% zu Wahl.[23]

 

Auffallend – auch im Zusammenhang mit dem, was wir weiter unten zeigen werden – ist, dass die Wahlbeteili­gung bei sinkendem Einkommen erst mit einigen Jah­ren Verzögerung sinkt. Anders gesagt – wenn das Einkommen nur kurzfristig niedriger ist, hat dies keinen Einfluss auf die Wahlbeteiligung.[24]

 

Ein weiterer Grund für das Nichtwählen ist das soziale Umfeld.[25] Dies ist ein neuer Aspekt, der gründlich erforscht wurde. Der Kontakt mit Wählern erhöht die Wahlbeteiligung, der Kontakt mit Nichtwählern senkt sie. „Die Wahrscheinlichkeit der Wahlteilnahme sinkt von 77 auf nur noch 19 (!) Prozent, wenn jemand annimmt, dass in seinem Freundeskreis die meisten nicht wählen, gegenüber jemandem, der annimmt, dass sich die meisten Personen in seinem Freundeskreis an Wahlen beteiligen.“[26] Da sich Arbeitslosigkeit, geringes Einkommen und geringe Bildung häufig in bestimmten Stadteilen konzentrieren („Gettobildung“) gibt es bei der Wahlbeteiligung enorme Unterschiede zwischen einzel­nen Stadtteilen innerhalb einer Stadt.

 

Empfundene Ungerechtigkeit[27] ist ein weiteres Ele­ment. Die sozial Schwachen:

  • erachten die soziale Lage im Land als zunehmend ungerecht (vergleiche auch mit Einstellungen der FPÖ-Wähler oben),
  • verlieren den Glauben an die Möglichkeit des sozia­len Aufstiegs,
  • empfinden zunehmende soziale Ungleichheit.

Diese Einschätzungen haben sich aber nicht geringfü­gig verändert, sondern massiv!

 

Die sozial Schwachen reagieren darauf aber nicht mit

  • Protest und politischer Mobilisierung sondern mit
  • Gleichgültigkeit und Apathie und
  • Ohnmacht und Entfremdung.

 

Eine weitere Gruppe, die überdurchschnittlich wenig wählt, sind – neben den sozial Schwachen – die jun­gen Menschen.[28] Ein Beispiel: Im Jahr 1970 war die Wahlbeteiligung der Jungen (18-24) um 18% geringer als die der Alten (65-74). Im Jahr 2005 war die Wahl­beteiligung der Jungen bereits um 40% geringer als die der Alten. Welche fatalen Auswirkungen dies haben kann, hat die Brexit-Abstimmung gezeigt, bei der die Jungen zwar mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt haben, aber aufgrund der geringen Wahlbe­teiligung der Jungen die Austrittsgegner gewonnen haben.

 

Wir wissen jetzt einiges über die Nichtwähler aber noch nicht ausreichend, welche Arten von Nichtwählern es gibt und was ihre Motive sind. Nichtwähler sind nicht eine einheitliche Gruppe. Man kann sie vereinfacht in 3 Gruppen einteilen:[29]

  • jene, die nie zur Wahl gehen
  • jene, die fallweise zur Wahl gehen und
  • jene, die bisher zur Wahl gegangen sind oder bisher nicht wählen durften, weil sie noch zu jung waren und die bei der nächsten Wahl nicht mehr wählen wollen
Grafik 23.9 - Arten von Nichtwählern[30]

Es gibt fallweise noch immer die Meinung, dass Nicht­wähler kein Problem sind, weil sie einfach so zufrieden mit der Politik sind, dass sie keine Änderung wollen und daher auch nicht wählen gehen. Dies stimmt in keiner Weise. Wir können die Wähler und Nichtwähler hin­sichtlich ihrer Einstellung zur Politik grob in drei Grup­pen unterscheiden:

  1. Jene, die die Demokratie generell ablehnen und jene, die mit der heutigen Form der Demokratie unzufrieden sind. Sowohl bei Wählern als auch Nichtwählern ist der Anteil mit 23 bzw. 26% ähnlich hoch.
  2. Jene, die mit der Demokratie an sich zufrieden sind nicht aber mit der aktuellen Politik. Hier gibt es große Unterschiede. Während von den Wählern „nur“ 34% mit der Politik unzufrieden sind, sind es bei den Nichtwählern mit 53% deutlich mehr.
  3. Jene, die mit der Demokratie und der aktuellen Politik zufrieden sind. Das sind bei den Wählern 43% und bei den Nichtwählern mit 21% nur halb so viele.
Grafik 23.10 - Vergleich Wähler-Nichtwähler hinsichtlich Einstellung zur Politik[31]

Zwei Dinge sind damit klar:

  • Die Nichtwähler sind nicht grundsätzliche „Feinde“ der Demokratie – eine große Mehrheit von ihnen  findet, dass die Demokratie die beste Regierungs­form ist (74%).
  • Sie gehen aber nicht deshalb nicht zur Wahl, weil sie so zufrieden sind. Im Gegenteil: Die Nichtwähler sind mit der aktuellen Politik viel unzufriedener als die Wähler (53% zu 34%).

 

Die Meinung dass Nichtwähler auch grundsätzlich nicht an Politik interessiert sind ist falsch.[32]

 

61% interessieren sich stark für das politische Gesche­hen und 82% unterhalten sich häufig oder gelegentlich über Politik. Wie bereits weiter oben erläutert ist dieses Interesse aber bei Jungen (unter 30-Jährigen), Arbei­tern und Menschen mit geringer Schulbildung deutlich geringer.

 

Wer sich für Politik interessiert, muss Informationen darüber bekommen. Es ist daher nicht überraschend, dass die Jungen und die Arbeiter – die geringeres Inte­resse an Politik haben – auch deutlich weniger TV-Nachrichten sehen und Tageszeitungen lesen (wo sie Informationen bekommen würden) und deutlich häufiger Boulevard-Zeitungen lesen (wo sie keine oder haupt­sächlich negative Informationen bekommen).

 

Was wollen die Nichtwähler?

 

Es wird viel darüber geschrieben, wie man die Wahlbe­teiligung erhöhen könnte. Man sollte sich einfach anse­hen was die Nichtwähler wollen. Hier die Hit-Liste:[33]

 

  1. 83% - Gutes Schul- und Bildungssystem
  2. 68% - Gutes Gesundheitssystem
  3. 68% - Sicherung der Altersversorgung
  4. 63% - Sicherung der Arbeitsplätze
  5. 52% - Geringe Inflation
  6. 49% - Gesetzlicher Mindestlohn

 

Interessant ist folgendes – dass Wirtschaftswachstum sehr wichtig ist glauben aber nur 29%! Bitte merken Sie sich das – wir werden in diesem und folgenden Artikeln noch darauf zurückkommen.

 

Warum gehen die Nichtwähler nicht zur Wahl?[34]

 

Es gibt zwei dominante Gründe – alle anderen sind vergleichsweise weniger wichtig:

  • „Die Politiker haben kein Ohr mehr für die Sorgen der kleinen Leute.“ 34%
  • „Den Politikern geht es doch nur um ihre eigene politische Karriere.“ 31%

 

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den Wählern populistischer Parteien und den Nichtwählern?

 

Ja und zwar Beträchtliche!

 

Vereinfacht gesagt ist bei den Nichtwählern alles ein bisschen extremer als bei den Wählern populistischer Parteien. Die folgende Grafik zeigt die Ergebnisse einer  Analyse[35], mithilfe des European Social Survey (Runde 8 – 2016). Die Analyse gilt für Österreich! Die Zuord­nung zu Wählern und Nichtwählern sowie zu Wählern populistischer Parteien (FPÖ, Team Stronach, BZÖ) und Sonstigen (SPÖ, ÖVP, Grüne,…) erfolgte aufgrund der Nationalratswahlen 2013.[36]

 

Die Grafik 23.11 ist so zu lesen:

  • 51% der Nichtwähler gehören zu den ärmsten 30% der Bevölkerung während es bei den Wählern nur 33% sind.
  • 42% der Wähler populistischer Parteien gehören zu den ärmsten 30% der Bevölkerung  während es bei den Wählern sonstiger Parteien nur 32% sind.
  • 22% der Nichtwähler haben nur Pflichtschulab­schluss oder Lehre während es bei den Wählern nur 13% sind. Analog für Populisten/Sonstige.
  • 6% der Nichtwähler sind arbeitslos während es bei den Wählern nur 3% sind. Analog für Populis­ten/Sonstige.
  • 22% der Nichtwähler behaupten mit ihrem Einkom­men nicht oder nur schwer auszukommen während es bei den Wählern nur 12% sind. Analog für Popu­listen/Sonstige.

Das Muster ist eindeutig: Die Sozialstruktur der Nichtwähler und Wähler populistischer Parteien ist sehr ähnlich – bei den Nichtwählern ist alles noch etwas extremer!

Grafik 23.11 - Vergleich der Sozialstruktur von Nichtwählern und Wählern populistischer Parteien

Wir fassen die bisherigen Ergebnisse überspitzt – aber treffend - zusammen:

 

Wer nichts mehr zu verlieren hat[37], wird Nichtwähler - wer noch etwas zu verlieren hat, wählt populistische Parteien!

 

Wenn Sie diese Aussage zu krass finden, sehen Sie sich einmal folgende Entwicklung an:

Grafik 23.12 - Wirtschaftliche Verhältnisse - Gerecht oder Ungerecht[38]

Die Zahl derjenigen, die die wirtschaftlichen Verhältnisse als ungerecht empfinden ist dramatisch gewachsen. Dabei ist zu beachten, dass es hier um die Meinung der gesamten Bevölkerung geht – also nicht nur um die Meinung der Nichtwähler oder der Wähler populistischer Parteien!

 

Die Meinung der Österreicher ist ähnlich: Waren 1990 noch 52% der Bevölkerung der Meinung, dass die Einkommen gerechter = gleicher verteilt werden sollten, so waren es 2008 bereits 83% der Bevölkerung.[39]

 

Zum Abschluss dieses Artikels stellen wir eine entscheidende Frage:

 

Ist die Unzufriedenheit der Nichtwähler und der Wähler populisitscher Parteien gerechtfertigt?

 

Diese Frage ist aus folgenden Gründen wichtig:

  • Dass die Nichtwähler und Wähler populistischer Parteien sehr unzufrieden sind, wissen wir.
  • Dass diese Menschen auch eher den einkommensschwachen Schichten angehören, wissen wir ebenfalls.
  • Das Bruttoinlandsprodukt – als Maß der Wirtschaftsleistung – ist in den letzten 15 Jahren (2000-2015) gestiegen – nicht nur absolut, sondern auch nach Abzug der Inflation.
  • Wir können daher erwarten, dass auch die Geringverdiener vom wirtschaftlichen Erfolg der letzten 15 Jahre profitiert haben.
  • Es wäre denkbar, dass sie trotzdem unzufrieden sind – obwohl es ihnen objektiv besser geht als früher.
  • Unzufriedenheit ist ein Gefühl und muss nicht zwangsläufig mit Fakten übereinstimmen.

 

Die Ergebnisse die wir gefunden haben, sind überraschend und schockierend!

 

Einleitung:

 

  • Im Bezügebegrenzungsgesetz aus dem Jahr 1997 steht in Art. 1 § 8 Abs. 4
  • “Der Rechnungshof hat zugleich über die durchschnittlichen Einkommen einschließlich der Sozial- und Sachleistungen der gesamten Bevölkerung – nach Branchen, Berufsgruppen und Funktionen getrennt – zu berichten.“
  • Der Rechnungshof erstellt daher – seit 1998 - alle zwei Jahre den sogenannten Einkommensbericht der alle Einkommen (von Selbstständigen und Unselbstständigen) in Österreich darstellt und analysiert. Der letzte Einkommensbericht war der aus 2016, der die Jahre 2014 und 2015 darstellt.
  • Die Einkommensberichte sind für Jeden online direkt zugänglich![40]
  • Die Daten werden von der Statistik Austria – der staatlichen Statistikbehörde – aufbereitet.
  • Woher kommen die Daten? Die wichtigste Datengrundlage sind die Lohnsteuerdaten aller Österreicher. Aus den Daten der Sozialversiche-rungsträger werden die Merkmale Geschlecht und Erwerbsstatus (erwerbstätig, pensioniert,…) hinzugefügt. Die Statistik Austria macht darüber hinaus den sogenannten Mikrozensus eine kontinuierlich durchgeführte Haushaltserhebung. Aus dem Mikrozensus kommen die Merkmale Berufsgruppe und Funktion. Aus den Einkommenssteuerdaten ergeben sich die Einkommensdaten für die Selbstständigen.
  • Warum beschreiben wir dies so genau? Es gibt keine besseren und umfassenderen Daten über das Einkommen der Österreicher als den Einkommensbericht!
  • Da der Einkommensbericht von der Statistik Austria und dem Rechnungshof erstellt wird, sind die Daten auch absolut glaubwürdig!

 

Was haben wir ausgewertet:

 

  • Wir wollten uns den ärmeren Teil der Arbeitnehmer ansehen – die Nichtwähler und Wähler populistischer Parteien gehören überdurchschnittlich stark zu den Einkommensschwächeren und zu den Arbeitern.
  • Der Einkommensbericht teilt die Unselbstständigen in Arbeiter, Angestellte, Vertragsbedienstete, Beamte und Lehrlinge. Wir haben die Arbeiter und Angestellten näher untersucht – weil sie weniger verdienen als die Vertragsbediensteten und die Beamten[41] und weil die Arbeiter und Angestellten mit 85% auch die mit Abstand größte Gruppe der Unselbstständigen sind (die Vertragsbediensteten, Beamten und Lehrlinge machen die anderen 15% aus).[42]
  • Wir haben die Einkommensberichte für die Jahre 2000 bis 2015 ausgewertet – damit haben wir einen Überblick über die letzten 15 Jahre.
  • Wir haben alle Einkommensdaten inflationsbereinigt, d.h. wir haben ausgerechnet, was das absolute Einkommen verglichen mit dem Jahr 2000 tatsächlich wert ist.
  • Die Einkommen sind natürlich bei Arbeitern und Angestellten nicht alle gleich – es gibt besser verdienende und schlechter verdienende. Wir haben uns bei Arbeitern und Angestellten das durchschnittliche Einkommen angesehen und das Einkommen des am geringsten verdienenden Viertels und das Einkommen des am geringsten verdienenden Zehntels.[43]
  • Wir sehen uns auch an, ob die Wirtschaftsleistung in diesen 15 Jahren gestiegen oder gefallen ist. Wir verwenden dazu das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen[44] – das ist die Wirtschaftsleistung die ein durchschnittlicher Erwerbstätiger im jeweiligen Jahr erwirtschaftet. Auch das wird natürlich inflationsbereinigt.

 

Die Ergebnisse:

 

Wirtschaftsentwicklung und Inflation

 

Fangen wir mit dem letzten Teil zuerst an. Wie hat sich die Wirtschaft in Österreich in den letzten 15 Jahren entwickelt? 2000 hat jeder Erwerbstätige im Schnitt ein BIP von 62.490,- erwirtschaftet. 2015 waren das bereits 91.530,-. Das sind 46% mehr und klingt nicht schlecht. In den letzten 15 Jahren ist die Inflation aber auch um 34% gestiegen und hat daher einen Teil des Wirtschaftswachstums „aufgefressen“. Inflationsbereinigt sind die 91.530,- in 2015 daher nur 68.305,- wert. Das ist zwar immer noch um 9% mehr als die 62.490,- von 2000 aber eben nicht gar so toll. Man sieht in der Grafik 23.13 auch sehr gut, dass sich die österreichische Wirtschaftsleistung nach der Weltwirtschaftskrise 2008 noch nicht vollständig erholt hat. 2007 lag der Anstieg der Wirtschaftsleistung gegenüber 2000 mit 111 schon einmal höher als in 2015 mit 109. Aufgrund dieser Daten könnte man der Ansicht sein, dass es „gerecht“ wäre, wenn die Erwerbstätigen auch um 9% mehr verdienen als im Jahr 2000.

Grafik 23.13 - Entwicklung BIP pro Erwerbstätigen und Inflation 2000-2015

Einkommensentwicklung Angestellte

 

Sehen wir uns jetzt an, was mit den Einkommen der Angestellten in Österreich passiert ist. 2000 hatte der durchschnittliche Angestellte einen Jahresbruttover-dienst von 22.685,-. 2015 sind daraus 30.396,- geworden – klingt wiederum recht gut, weil dies um 34% mehr sind. Wir wissen von oben aber, dass die Inflation in diesen 15 Jahren ebenfalls um 34% gestiegen ist. Inflationsbereinigt sind die 30.396,- also nur mehr 22.683,- wert. D.h. der durchschnittliche Angestellte kann sich heute genau so viel leisten wie vor 15 Jahren. Von den 9% realem Wachstum (siehe oben) hat er nichts. Deutlich schlechter geht es dem schlechtest verdienenden Viertel und Zehntel der  Angestellten. Diese können sich nur mehr 93% bzw. 81% dessen leisten, was sie sich in 2000 leisten konnten. Das heißt sie haben in den letzten 15 Jahren nicht nur nichts vom Wirtschaftswachstum profitiert, sondern sogar verloren.

Grafik 23.14 - Einkommensentwicklung Angestellte

Einkommensentwicklung Arbeiter

 

Wirklich dramatisch sieht es bei den Arbeitern aus!

2000 hatte der durchschnittliche Arbeiter einen Jahresbrutto-verdienst von 16.475,-. 2015 sind daraus 19.215,- geworden (plus 17%). Nach Abzug der Inflation sind die aber nur mehr 14.339,- wert. D.h. der durchschnittliche Arbeiter kann sich heute um 13% weniger leisten als im Jahr 2000. Noch dramatischer sieht es beim schlechtest verdienenden Viertel und Zehntel aus. Diese haben 37% bzw. 43% ihres „Wohlstands“ verloren!

 

Bei den Arbeitern sind 2 Dinge besonders auffällig:

  • Sie haben im gesamten Zeitraum verloren und nicht erst seit der Wirtschaftskrise 2008!
  • Das ärmste Viertel und Zehntel hat nicht nur real verloren, sondern verdient mit 5.927,- und 1.304,- in 2015 sogar absolut weniger als im Jahr 2000!
Grafik 23.15 - Einkommensentwicklung Arbeiter

Wir haben Ihnen die Ergebnisse zusätzlich in der folgenden Tabelle zusammengefasst – jede dieser Zahlen können Sie problemlos in den Einkommensberichten nachlesen!

Tabelle 23.1 - Einkommensentwicklung 2000-2015[45][46]

Wir halten diese Ergebnisse für schockierend! Wenn Sie diese Zahlen einfach nicht glauben können/wollen dann haben wir Ihnen hier einen Screenshot von Seite 38 des Einkommensberichts 2016 hereinkopiert:

Grafik 23.16 - Screenshot aus dem Einkommensbericht 2016[47]

Was uns wundert!

 

Es wird viel darüber geschrieben, was man gegen den Aufstieg populistischer Parteien tun könnte - dabei überwiegt Ratlosigkeit. Weder Ignorieren noch Einbinden in Regierungen haben Erfolge gebracht.[48] In den letzten Jahren wird auch das Problem der Nichtwähler stärker beachtet. Hier gibt es ein Fülle von Vorschlägen. Beispielsweise reichen die Vorschläge von mehr direkter Demokratie über Vereinfachung des Wahlrechts, Senkung des Wahlalters bis zu Haustürkampagnen.[49]

 

Dabei fällt uns auf, dass

  • nie und nirgends vorgeschlagen wird,
  • die Gründe zu beseitigen,
  • die für die berechtigte Unzufriedenheit und die berechtigten Ängste verantwortlich sind:

- die absolut offenkundige Ungerechtigkeit in der Verteilung des Wohlstands!

 

Zufall oder Absicht – wir lassen die Antwort offen!

 

Zusammenfassung:

 

  • Die Wähler populistischer Parteien sowie die Nichtwähler kommen verstärkt aus den ärmeren Bevölkerungsgruppen und sie haben eine vergleichsweise geringere Schulbildung!
  • Sie repräsentieren bereits fast die Hälfte der Bevölkerung – siehe Artikel 22.
  • Sie haben große Ängste vor wirtschaftlichem und sozialem Abstieg und Arbeits-losigkeit!
  • Sie empfinden die wirtschaftlichen Verhältnisse als sehr ungerecht!
  • Sie haben in den letzten 15 Jahren tatsächlich wirtschaftlich stark verloren!
  • Sie sind mit der Politik extrem unzufrieden oder haben sich bereits von der Politik abgewendet!

 

Future Aid ist der Ansicht, dass in dieser Entwicklung ein enormer politischer Sprengstoff für unsere Zukunft liegt!

 

Nachwort: Es könnte sein, dass Sie am Klimawandel sehr interessiert sind, aber nicht an politischen Themen, wie sie in diesem und dem vorigen Artikel behandelt wurden. In einem der nächsten Artikel werden wir erklä­ren, warum die wirtschaftliche und politische Situation direkt mit dem Klimawandel zusammenhängt. Darum bitten wir Sie…

 

Bleiben Sie dran – hören Sie nicht auf zu lesen!

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Weiter mit Artikel 24

 

[1] Siehe den Future Aid Artikel 22.

[2] Dieser Teil des Artikels stützt sich auf die Studie Globalisierungsangst oder Wertekonflikt die von der Bertels­mann Stiftung herausgegeben wurde. Die Studie ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: 1. Sehr seriös, weil die Methode und die Fragen genau erklärt werden. 2. Sie umfasst ganz Europa und nicht nur ein Land. 3. Neun Staaten werden detailliert analysiert. Wir wissen, dass es sehr unterschiedliche populisti­sche Parteien gibt. Erst wenn neun Länder mit derselben Methode untersucht werden, kann man Unterschiede und Gemeinsamkeiten feststellen. 4. Da sie aus dem Jahr 2016 ist, ist sie sehr aktuell.

[3] In Anlehnung an Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 3, 7-8

[4] Wir sind mit diesen Begriffen nicht ganz glücklich, sie sind aber die Begriffe die die Wissenschaft für die Werteorientie­rung der Menschen verwendet. Die Beschreibung der beiden Typen ist in Anlehnung an  Globalisierungsangst oder Werte­konflikt S. 7. Hier ist wichtig zu betonen, dass diese Einteilung in keiner Weise eine Bewertung in „Gut“ und „Schlecht“ dar­stellt.

[5] In Anlehnung an Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 11-12.

[6] Die Zuordnung der Menschen zu den Typen erfolgt durch repräsentative Befragung. Befragt wurden Menschen aus allen 28 Ländern der EU. Die Befragung wird genau erläutert in Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 11-12. Um die folgenden Grafiken übersichtlich zu halten, haben wir bei angsterfüllt und zuversichtlich den Mittelwert aus den Antwor­ten „Globalisierung als Bedrohung“ und „wirtschaftlich verunsi­chert“ gebildet. Die grundsätzlichen Ergebnisse verändern sich durch diese Vereinfachung aber nicht.

[7] Werte aus Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 13 und eigene Berechnungen.

[8] Zwischen den europäischen Ländern gibt es naturgemäß Unterschiede: Die meisten Traditionalisten haben mit 55% Frankreich, Großbritannien und Polen. Die wenigsten Traditio­nalisten haben Österreich, Ungarn und Deutschland mit 38% bzw. 39%. Die meisten Angsterfüllten haben Frankreich (53%) und Österreich (46%). Die wenigsten Angsterfüllten haben Großbritannien (31%) und die Niederlande (33%).

[9] Um die Grafik übersichtlich zu halten, haben wir nur die Werte für die Traditionalisten dargestellt. Die Werte für die Progressiven sind einfach die Differenz auf 100. Beispiel: Von der Arbeiterschicht sind 51% den Traditionalisten zuzuordnen. Dann sind 49% den Progressiven zuzuordnen. Die Differenz zwischen den Bevölkerungsgruppen haben wir als D (Delta) ausgewiesen.

[10] Werte aus Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 14-16 und eigene Berechnungen.

[11] Werte aus Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 14-16 und eigene Berechnungen.

[12] Werte aus Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 20ff. In der Studie wurden 9 Länder untersucht. Neben Österreich, Deutschland, Niederlande, Italien, Frankreich die wir hier darstellen noch Ungarn, Polen, UK, Spanien. Hier sind nur die Werte der rechtspopulistischen Parteien dargestellt. Das Ergebnis, dass diese Wähler angsterfüllter sind, gilt aber genauso für die Wähler linkspopulistischer Parteien dieser Länder. Die Wähler linkspopulistischer Parteien sind lediglich eher Progressive als Traditionalisten.

[13] Werte aus Globalisierungsangst oder Wertekonflikt S. 18

[14] Daten aus Wahltagsbefragung und Wählerstromanalyse 2017 Folie 11f. Zum Verständnis: Wenn 26% der Wähler die FPÖ wählen, dann würden bei einer gleichen Verteilung auch 26% der Arbeiter und 26% der Angestellten und 26% der Selbstständigen und so weiter FPÖ wählen. Wenn aber deut­lich mehr als 26% der Arbeiter FPÖ wählen (konkret 59%!) dann haben natürlich die anderen Parteien verhältnismäßig weniger Arbeiter als Wähler als ihrem Stimmenanteil entspre­chen würde. Wenn die Arbeiter an den Wählern der FPÖ einen höheren Anteil haben, dann müssen alle oder einige andere Berufsgruppen einen geringeren Anteil haben. Dies gilt auch für alle weiteren Vergleiche.

[15] Daten aus Wahltagsbefragung und Wählerstromanalyse 2017 Folie 14-18.

[16] Eine sehr gute Studie zu den Nichtwählern ist Soziodemografisches Profil der Nichtwähler von der Friedrich-Ebert-Stiftung. In dieser Studie werden die Ergebnisse der Forschung zusammengetragen. Siehe S. 5

[17] Siehe dazu auch die Studie Gespaltene Demokratie der Bertelsmann Stiftung.

[18] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 5

[19] Dies konnte mit dem European Social Survey nachgewiesen werden. Der European Social Survey (ESS) ist eine sozialwis­senschaftliche Studie, die seit 2002 alle zwei Jahre Meinungen zu sozialen und politischen Themen aus über 30 europäischen Ländern erfragt. Auch aufgrund seiner hohen methodischen Standards ist der ESS in Forschung und Lehre die meist genutzte Studie für vergleichende Analysen in Europa. Die Website: European Social Survey. Einen Ländervergleich finden Sie unter: Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 7

[20] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 8ff. Siehe dazu auch die Studie Prekäre Wahlen.

[21] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 8

[22] Präziser gesagt: Das Haushaltseinkommen.

[23] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 10f

[24] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 11

[25] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 11f

[26] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 12

[27] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 12

[28] Siehe Soziodemografisches Profil der Nichtwähler S. 13

[29] Dieser Abschnitt des Artikels stützt sich hauptsächlich auf die sehr gute Studie Nichtwähler in Deutschland der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Studie bezieht sich nur auf Deutschland. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass die Situation in Öster­reich nicht grundsätzlich anders ist.

[30] In Anlehnung an: Nichtwähler in Deutschland S. 17

[31] In Anlehnung an: Nichtwähler in Deutschland S. 21ff

[32] Zu den Daten der folgenden zwei Absätze siehe: Nichtwähler in Deutschland S. 39ff und S. 46ff

[33] Siehe Nichtwähler in Deutschland S. 62ff

[34] Siehe Nichtwähler in Deutschland S. 72ff

[35] Der European Social Survey ermöglicht enorm viele Auswer­tungen und ist daher eine der wichtigsten Datenquellen für soziologische und politikwissenschaftliche Forschung. Die Auswertungen kann jeder selbst – mit einiger Übung – online durchführen. Dies ist der Link zum ESS-Zugang zum Analyse­tool.

[36] Die Wahl 2017 konnte natürlich in die Befragung 2016 noch nicht einfließen.

[37] …und auch schon die Hoffnung verloren hat, dass sich etwas bessert…

[38] Wir können davon ausgehen, dass die Meinung der Österrei­cher nicht so unterschiedlich ist, im Vergleich zu den Deutschen, weil die Einkommensverteilung und Vermögens­verteilung in beiden Ländern ähnlich ist.

[39] Die Werte sind das Ergebnis einer Analyse der Daten der European Value Study. Dies ist eine alle acht Jahre stattfin­dende große repräsentative Erhebung der Werte der Men­schen in allen europäischen Ländern. Ähnlich wie beim Euro­pean Social Survey sind die Daten frei zugänglich und können von jedem selbst ausgewertet werden.

[40] Hier der Link zum letzten Einkommensbericht: Einkommensbericht 2016 (für die Jahre 2014 und 2015). Die Einkommensberichte sind sogar ein eigener Menüpunkt auf der Website des Rechnungshofes: Einkommensberichte. Auch auf der Website der Statistik Austria sind die Einkommensbe­richte ein eigener Menüpunkt: Einkommensberichte (Statistik Austria)

[41] Die Lehrlinge betrachten wir nicht weil sie in Ausbildung sind und die Lehrlingsentschädigung nicht sinnvoll mit normalen Einkommen verglichen werden können.

[42] Prozentwerte für 2015.

[43] Der Durchschnitt ist dabei der sogenannte Median: Es ist jenes Einkommen bei dem die Hälfte der Arbeiter oder Ange­stellten weniger verdient als das und die Hälfte mehr verdient als das. Das unterste Viertel nennt man Quartil: Es ist jenes Einkommen bei dem ¼ der Arbeiter oder Angestellten weniger verdient als das und ¾ mehr verdienen als das. Das unterste Zehntel nennt man Dezil: Es ist jenes Einkommen bei dem 1/10 der Arbeiter oder Angestellten weniger verdient als das und 9/10 mehr verdienen als das.

[44] Häufig wird das BIP je Einwohner angegeben. Das macht aber in unserem Fall wenig Sinn, weil es z.B. auch alle Kinder und Pensionisten berücksichtigt und wir hier nur Erwerbstätige betrachten.

[45] Folgende Kritiken können gegen diese Zahlen vorgebracht werden: 1.) Durch die zunehmende Zahl von Teilzeitbeschäf­tigten sinkt der Durchschnittsverdienst insbesondere beim untersten Viertel und Zehntel. Das Argument ist richtig, aber wir wissen, dass viele nicht freiwillig Teilzeit arbeiten, sondern weil sie leider keine Vollzeitstelle bekommen. 2.) Die Gering­verdiener zahlen auch weniger Lohnsteuer – es bleibt ihnen mehr Netto vom Brutto, weil der Staat Umverteilung betreibt. Das Argument ist richtig, aber der Effekt ändert das Bild nicht grundsätzlich, sondern schwächt es nur ab. Wir hätten das auch gerne nachgewiesen, aber der Einkommensbericht bietet dafür nicht ausreichend detaillierte Daten. Wie relativ gering der Brutto-/Nettoeffekt ist, ist im Einkommensbericht 2016 auf S. 33 ersichtlich.

[46] Ein Grund für das viel schlechtere Bild bei den Arbeitern besteht auch darin, dass diese häufiger den Job verlieren und dies die Jahreseinkommen reduziert.

[47] Die %-Werte bei 2015 weichen von unseren etwas ab 1.) weil wir das Jahr 2000 als Basis genommen haben und im Einkommensbericht die Basis 1998 ist und 2.) im Einkom­mensbericht in dieser Tabelle die Angestellten inklusive Ver­tragsbedienstete dargestellt werden und wir nur die Angestell­ten darstellen.

[48] Siehe z.B. die ansonsten sehr gute Studie: Strategien gegen die radikale Rechte in Europa S. 14ff

[49] Siehe z.B. Soziodemographisches Profil der Nichtwähler S. 16

 

© Peter Jöchle 2018