Herzlich willkommen! Wir freuen uns sehr, dass Sie da sind!
Für diesen Artikel gibt es eine Fülle von technischen Anmerkungen. Diese finden Sie in der Endnote am Ende des Artikels!
Im letzten Artikel haben wir dazu aufgerufen, die Politik sachlich zu beurteilen. Eine sachliche Beurteilung ist sicher gegeben, wenn wir die Politik an den Zielen messen, die sie sich selbst gesetzt hat!
In diesem Artikel wollen wir uns ansehen, wie die Zielerreichung im Hinblick auf den Klimawandel aussieht!
Der Beginn der internationalen Klimapolitik
Von Daniel Moynihan – dem Beauftragten des Präsidenten der USA[1] - wurden 1969 erstmals die vom Menschen verursachten Klimaeinflüsse[2] auf die internationale politische Agenda gesetzt. Als eigentlicher Startpunkt der internationalen Klimapolitik kann aber die „Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung“ (Rio-Konferenz) 1992 bezeichnet werden, da auf dieser Konferenz die „Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen“ (UNFCCC) unterzeichnet wurde.[3] Erstmals verbindliche Klimaziele wurden 1997 auf der Weltklimakonferenz in Kyoto vereinbart (Kyoto-Protokoll).[4] Vermutlich weniger bekannt ist Folgendes:
Das Ziel bestand darin den Ausstoß (Emission) von Treibhausgasen zwischen 2008 und 2012 um 5,2% unter das Niveau von 1990 zu senken. Durch Wegfall der USA und Kanada sank das Ziel auf 4%. Von den verbliebenen Ländern wurde aber eine Emissionssenkung um 18,9%[5] gegenüber 1990 erreicht.[6]
Warum hat dann das Kyoto-Protokoll – das für 15 Jahre die Klimapolitik dominiert hat – den Klimawandel nicht gestoppt, wenn die Ziele so großartig übererfüllt wurden?
Wie ging es nach Kyoto weiter?
Bei der UN-Klimakonferenz in Cancun 2010 wurde erstmals das 2-Grad-Ziel definiert.[7] Worin das Problem der internationalen Klimapolitik besteht, lässt sich sehr gut an diesem 2-Grad-Ziel zeigen!
Warum gerade 2-Grad?
Wie sieht die Realität aus?
Im Alltag kann man den Eindruck gewinnen der Klimawandel ist unter Kontrolle, wenn z.B. nahezu alle Supermärkte damit werben angeblich CO2-neutral zu arbeiten. Die Konsumenten können dadurch den – falschen - Eindruck gewinnen, dass dies auch für die Produkte gilt die verkauft werden. Mit Maßnahmen gegen den Klimawandel kann man gut Werbung machen. Die Realität sieht dramatisch anders aus.
Bitte betrachten Sie die folgende Grafik aufmerksam:
Was sagt uns diese Grafik?[I][10]
Gibt es irgendeine Leserin/irgendeinen Leser von Future Aid, der glaubt, dass die internationale Politik fähig ist, das 2-Grad-Ziel zu erreichen?
Wir von Future Aid glauben das nicht!
Paris 2015
Paris 2015 wurde international als Meilenstein in der Klimapolitik gefeiert. Sehen wir uns die Fakten und den Vertrag – der für jeden leicht zugänglich ist[13] – doch einmal genauer an:
Was uns fassungslos macht, ist insbesondere Folgendes:
Die hier dargestellten Fakten und die Grafik haben uns von Future Aid fassungslos gemacht. Es könnte daher sein, dass auch Sie als Leser das einfach nicht glauben wollen. Wie wir in Artikel 3 geschrieben haben müssen Sie Future Aid nichts glauben, weil wir Ihnen zeigen wo Sie sich selbst mit geringem Aufwand davon überzeugen können.
Warum tut die internationale Politik nicht mehr gegen den Klimawandel?
Wenn wir davon ausgehen müssen, dass die Politik weiß wie unzureichend die Maßnahmen sind, drängt sich die Frage auf, warum nicht mehr getan wird! Hier eine sicher unvollständige Liste der Gründe:
Dieser Artikel kann Ihnen Angst machen, weil er ein nahezu hoffnungsloses Bild zeichnet. Future Aid will Ihnen aber keine Angst machen. Daher nun einige Aspekte, die zeigen, dass das Problem lösbar ist.
Sie könnten den Eindruck haben, dass in obiger Grafik die Kurve: „Notwendig für 2-Grad-Ziel“ eine unerreichbare Vision von „Spinnern“ ist. Das ist aber nicht der Fall.
Diese enormen Emissionsreduktionen sind mit heutigen Methoden absolut machbar und auch zu relativ vernünftigen Kosten!
Future Aid hat die Schäden des Klimawandels bis 2100 berechnet und ebenfalls was es kosten würde die Schäden zu minimieren.[18]
Was wir Ihnen hier zeigen ist einzigartig – zumindest haben wir nichts Vergleichbares gefunden.
Kosten für die Schäden des Klimawandels und Kosten für deren Vermeidung
Es gibt zwar eine Menge an Literatur, aber diese ist für Laien kaum verständlich und insbesondere werden die Ergebnisse nicht so dargestellt, dass sich der Laie darunter etwas vorstellen kann. Wir ändern das (alle Aussagen gelten für den Zeitraum 2015 bis 2100; alle Geld-Zahlen in US$):
Sind wir nicht bereit auf 1/65 unseres Wohlstands zu verzichten, um den Verlust von 1/8[22] unseres Wohlstands am Ende des Jahrhunderts zu vermeiden?
Nun das Ganze aus der Sicht Österreichs und 2015 (wieder alles US$):[23]
Bleiben Sie dran – hören Sie nicht auf zu lesen!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Fussnoten:
[1] Zu dieser Zeit war Richard Nixon Präsident der USA. Siehe Wikipedia: Klimapolitik
[2] Zum damaligen Zeitpunkt wurde es als Gewächshauseffekt bezeichnet. Siehe Wikipedia: Klimapolitik
[3] Siehe Wikipedia: Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und siehe Wikipedia: Klimapolitik Damals wurde noch kein konkretes Ziel vereinbart.
[4] Siehe Wikipedia: Kyoto-Protokoll
[5] Die Ergebnisse der ersten Verpflichtungsperiode finden Sie im UNFCCC-Report 2015 auf S. 14
[6] Das Kyoto-Protokoll wird in der Öffentlichkeit häufig als Misserfolg dargestellt. Die Realität zeigt ein anderes Bild.
[7] Die Betreiber des 2-Grad-Ziels waren zunächst Deutschland und dann die Europäische Union. Siehe Wikipedia: Zwei-Grad-Ziel
[8] Insbesondere wenn die Erwärmung über 2 Grad steigt, wird das Überschreiten von Kipppunkten viel wahrscheinlicher. Dies führt zu unumkehrbaren=unbeherrschbaren Entwicklungen im Klima. D.h. Fehlentwicklungen können mit dem Einsatz von noch so viel Geld nicht gestoppt werden. Siehe Artikel 9 von Future Aid.
[9] Die Daten von 1850-1990 stammen vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse IIASA einer hervorragenden internationalen Forschungsinstitution in der Nähe von Wien. Die Daten ab 1992 stammen vom Climate Action Tracker der wohl besten Webseite um auf einen Blick zu sehen, worauf unser Planet bei der Erderwärmung zusteuert. Mehr dazu finden Sie in der Endnote.
[10] Wie diese Grafik zustande kommt und woher die Zahlen stammen, wird in einer Endnote am Ende des Artikels erklärt.
[11] Das sind 1.832.360.000.000 Tonnen CO2.
[12] Wenn Ihnen der dramatische Abfall an Emissionen – der notwendig wäre, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen – unglaubwürdig erscheint: Diese Grafik finden Sie vielfältig im Web. Beispiele: Siehe Wikipedia 2-Grad-Ziel
[13] Hier finden Sie das Pariser Klimaabkommen in deutscher Sprache. Hier das Original in englischer Sprache.
[14] Siehe: Clima Action Tracker
[15] Siehe den OECD-Umweltausblick bis 2050 (Zusammenfassung). Dort bekommen Sie auf wenigen Seiten einen Eindruck, in welcher Situation wir uns befinden. Zu beachten ist, dass der Bericht aus dem Jahr 2012 stammt. Seither hat sich die Situation verschlechtert.
[17] UNFCCC: Effekte der zugesagten Klimaschutzmaßnahmen (engl.)
[18] Abzuschätzen was der Klimawandel bis 2100 an Kosten verursachen wird, ist natürlich extrem schwierig - aber es ist möglich und die hier gezeigten Daten sind jedenfalls besser, als keine Vorstellung davon zu haben. Eine hervorragende Studie zu diesem Thema kommt von der OECD. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels Sie ist aber nicht leicht verständlich und in Englisch.
[19] Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist eine Maßeinheit für die gesamte Wirtschaftsleistung eines Landes.
[20] Wir nehmen hier natürlich dieselben Daten, die wir bereits im Future Aid Artikel 7 verwendet haben. Für die Weltwirtschaftsleistung: IIASA Für die Weltbevölkerung: United Nations
[21] Diese Berechnung und die Erklärung, woher die Daten kommen ist kompliziert. Um den Rahmen der Fußnote nicht zu sprengen, sind diese Informationen daher in der Endnote am Ende des Artikels zu finden.
[22] Wenn wir nicht mehr tun als heute wird unser Pro-Kopf-BNP am Ende des Jahrhunderts um 12,3% geringer sein als ohne Klimawandel und das ist ca. 1/8.
[23] Das Folgende ist natürlich nur eine Modellrechnung, weil es von vielen Faktoren abhängt, was ein Land gegen den Klimawandel tun müsste. Die Modellrechnung soll Ihnen aber zeigen, dass guter Klimaschutz machbar ist, ohne unsere finanziellen Möglichkeiten zu überfordern. Konkretere Informationen zum Klimaschutz und Österreich bekommen Sie im nächsten Artikel.
[24] Quelle: The World Bank - World Development Indicators. Achtung: Öffnet File mit 56MB.
[25] Dies geht aus obigen Berechnungen für 2015 hervor, die für die gesamte Welt durchgeführt wurden.
[26] Die exakte Zahl ist 8.638.366. Quelle: The World Bank
[27] Quelle: Statistik Austria - Staatsausgaben 2015 Die Umrechnung in US$ erfolgte mit einem Kurs von 1,12 US$ je Euro.
[28] Quelle: Sozialversicherungsanstalt der Bauern. Bundeszuschuss 2015 Die Nennung dieser Zahl bedeutet keine Kritik an diesem Bundeszuschuss. Die 1.464 wurden mit dem Wechselkurs von 1,12 in 1.640 umgerechnet.
Endnoten:
[I] In dieser Endnote werden die Grafik und die Herkunft der Daten detailliert erläutert. Future Aid ist wichtig, dass Sie auch komplexe Berechnungen relativ einfach selbst nachvollziehen/nachprüfen können. Im Gegensatz zu den meisten anderen Veröffentlichungen, bei denen nur eine Quelle angegeben ist – die für normale Bürger meist nicht zugänglich ist - brauchen Sie Future Aid nichts glauben sondern können – soweit als möglich – alles selbst nachprüfen.
Daten von 1850 bis 1990:
1.Das IIASA – International Institut for Applied Systems Analysis – ist eine führende internationale Forschungseinrichtung in der Nähe von Wien in Laxenburg. IIASA
2.Das IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change – auf Deutsch der Weltklimarat – ist eine internationale Vereinigung, die die Forschungsergebnisse zum Klimawandel auswertet und die Grundlagen für die UN Weltklimakonferenzen schafft. IPCC
3.Das IIASA betreibt für das IPCC eine frei zugängliche Datenbank mit den Daten für die RCP´s. RCP Database
4.Gehen Sie dort auf den Reiter „Compare“. Setzen Sie im Fenster (1.) Regions ein Häckchen bei „World“.
5.Setzen Sie im Fenster (2.) Scenarios ein Häckchen bei IMAGE bzw. RCP 2.6 und bei Historical data ein Häckchen bei Historic (from 1850). Alle anderen Häckchen löschen Sie.
6.Klicken Sie im Fenster (3.) Variables unter Emissions -> CO2 Emissions das Feld Total an.
7.Dann bekommen Sie im Fenster Query Results rechts die Grafik die wir hier zeigen für „Notwendig für 2-Grad-Ziel“ und unter den Auswahlfeldern die Daten, die wir verwendet haben.
8.Die Zahlenangaben sind hier in PgC – das sind Petagrams of Carbon. Wir rechnen laut IPCC Umrechnung um: 1 PgC = 1 GtC (Gigatonns of Carbon); 1 GtC = 3,67 Gt Carbon Dioxid (CO2). Eine Gigatonne = 109 = 1.000.000.000 Tonnen.
Daten von 1992-2100:
9.Der Climate Action Tracker ist eine Webseite, auf der betrachtet werden kann, welche globale Erwärmung zu erwarten ist. Sie wird von drei renommierten Forschungsinstituten betrieben und die Ergebnisse werden auch im Emissions Gap Report des Umweltprogramms der Vereinten Nationen berücksichtigt. Siehe auch Wikipedia: CAT.
10.Die Daten für die Grafik ab 1992 finden Sie, wenn Sie auf dieser Seite Global den Link zu den Daten anklicken. Für die 2 Grad Linie wurde der Median verwendet. Für die Linie „bisher angebotenen Maßnahmen“ wurde der Mittelwert aus „Pledges High und Low“ genommen.
Kosten für die Schäden des Klimawandels und Kosten für deren Vermeidung:
11.Die aus unserer Sicht beste Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels kommt von der OECD. Die 141 Seiten umfassende Studie stammt aus dem Jahr 2015 und ist daher ziemlich aktuell. The Economic Consequences of Climate Change Diese Studie ist die primäre Grundlage für unsere Berechnungen.
12.Im Kapitel 3.1 werden die Kosten nach 2060 analysiert, wenn wir so weitermachen wie bisher. Auf Seite 81 sehen Sie eine Grafik die zeigt, um wie viel das BNP durch die Schäden des Klimawandels geringer ausfällt. Die besten Analysen dafür stammen von Martin L. Weitzman von der Harvard University. Wir verwenden daher die Werte der „Weitzman Schadensfunktion“ die in der Grafik dargestellt sind. Weitzman untersucht, um wie viel % das BIP aufgrund von Kosten durch den Klimawandel niedriger liegen wird. Nach Weitzman wird der BIP-Verlust von 0,33% in 2020 auf 12,3% in 2100 steigen, wenn wir weitermachen wie bisher. Im Schnitt ergeben sich für 2015 bis 2100 Kosten von 4,9% des jährlichen weltweiten BIP. Wir reduzieren das jährliche weltweite BIP um die Prozentwerte der Weitzman-Kurve. Die Kosten betragen von 2015 bis 2100 ca. 888.000 Milliarden US$.
13.In Kapitel 4 der der Studie wird dargestellt welche Reduktion der Kosten möglich ist, wenn die Politik optimalen Klimaschutz betreibt. Auf Seite 118 sehen wir in einer Grafik wie hoch die Kosten werden, wenn wir optimale Reduktion von Treibhausgasen betreiben und notwendige Anpassungen an den Klimawandel vornehmen (Es ist das Full Adaption – Optimal Mitigation – Szenario). Im Jahr 2100 liegt dann das weltweite BIP nicht um 12,3% (siehe Anmerkung 12) niedriger, sondern nur um 3,98%. Im Jahr 2050 liegt das weltweite BIP dann nicht um 1,7‘% niedriger, sondern nur um 1,63%. Zwischen 2015 und 2050 steigern wir die %-Werte linear von 0,42% auf 1,63% und von 2050 bis 2100 linear von 1,63% auf 3,98%. Im bestmöglichen Fall betragen die Kosten durch den Klimawandel somit nicht ca. 888.000 Milliarden US$ sondern „nur“ ca. 448.000 Milliarden US$. Im Zeitraum 2015 bis 2100 liegen die Kosten im besten Fall somit nicht bei durchschnittlich 4,9% des BIP (siehe Anmerkung 12) sondern nur bei 2,45%. D.h. im besten Fall können wir die Kosten halbieren.
14.Um dies zu erreichen, müssen wir etwas tun, und zwar Treibhausgase so schnell als möglich vermeiden. Auf Seite 117 sehen wir in einer Grafik um wie viel % das BIP geringer ausfällt, wenn wir optimale Vermeidung betreiben. Dieses geringere BIP zeigt somit die Kosten für Treibhausgasvermeidung. Die Kosten steigen von 0,28% des BIP in 2015 auf 1,15% des BIP in 2050 und auf 2,25% des BIP in 2100. Die Kosten für optimale Vermeidung betragen von 2015 bis 2100 somit ca. 291.000 Millionen US$.
15.Die verbleibenden Kosten ergeben sich, wenn wir von den Gesamtkosten die Reparaturkosten abziehen. Die verbleibenden Kosten betragen ca. 157.000 Milliarden US$. Die verbleibenden Kosten setzen sich zusammen aus den Kosten für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und für Kosten für unvermeidliche Schäden die deshalb unvermeidlich sind, weil wir eine Erwärmung um 2 Grad nicht verhindern konnten.
16.Im nächsten Schritt rechnen wir dies alles auf einen durchschnittlichen Erdenbürger um, wobei wir alle BIP´s und alle Kosten für jedes Jahr durch die Anzahl der Menschen dividieren und aus diesen Jahreswerten den Mittelwert errechnen. Dies ergibt für den Zeitraum 2015 bis 2100 etwas andere %-Werte als oben ausgewiesen, weil wir eine Gewichtung mit der Anzahl der Menschen bekommen.
© Peter Jöchle 2017