Die Zukunft braucht unsere Hilfe!
Die Zukunft braucht unsere Hilfe!

Artikel 27: Die Klimastrategie der österreichischen Bundesregierung

Herzlich willkommen! Wir freuen uns sehr, dass Sie da sind!

 

Dies ist für viele vermutlich der erste Future Aid Artikel, den Sie lesen. Daher folgende Hinweise: Bitte beachten Sie auch die Fußnoten. Diese befinden sich in der Onlineausgabe am Ende des Textes, in der pdf-Version direkt auf der jeweiligen Seite. Wir empfehlen daher die pdf-Version, die Sie am Anfang des Artikels zum Download finden. Sowohl in der Onlineversion als auch in der pdf-Version finden Sie direkte Links zu den zitierten Quellen, damit Sie unsere Aussagen sofort selbst überprüfen können!

 

Einleitung

 

Dies ist ein Sonderartikel! Die Gründe:

  • Future Aid hat auf der Plattform mein#aufstehen[1] eine Petition für besseren Klimaschutz gestartet.
  • Wir haben die Petition erst jetzt gestartet, weil wir fair sein und daher erst die Endfassung beurteilen wollten.
  • Die österreichische Bundesregierung hat am 3.4.2018 einen Entwurf für eine Klima- und Ener­giestrategie[2] veröffentlicht und am 28.5.2018 die Endfassung.[3]
  • In der Petition von Future Aid wird die Klimastrate­gie als absolut unzureichend kritisiert.
  • Der Text der Petition ist natürlich nur sehr kurz und mit ein paar Sätzen kann man nicht umfassend begründen, warum wir die Klimastrategie als unzureichend ansehen.
  • Wer die Petition unterstützen = unterschreiben will, will sich möglicherweise vorher eine Meinung bil­den, ob die Kritik berechtigt ist.
  • Genau dafür haben wir diesen Future Aid Artikel geschrieben!

 

Nachdem Sie diesen Artikel gelesen haben, sollen Sie selbst entscheiden können, ob die Kritik von Future Aid an der Klimastrategie berechtigt ist!

 

Die globale Situation beim Klimaschutz

 

Um beurteilen zu können, ob die Klimastrategie ambi­tioniert genug ist, sollten wir uns ansehen, wie die globale Situation ist.

 

Die Situation ist extrem besorgniserregend:

  • Im Pariser Übereinkommen 2015 hat die Staaten­gemeinschaft beschlossen, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen!
  • 2 Grad sind nicht ungefährlich: „Bei einem Tempe­raturanstieg im globalen Mittel um 2 °C sind bereits irreversible Auswirkungen zu erwarten…[4]
  • Wenn die Staatengemeinschaft ihre bisher verspro­chenen Reduktionsziele einhält, wird bis 2100 die Erderwärmung jedoch auf ca. 3 Grad ansteigen![5]
  • Um eine katastrophale Erderwärmung zu vermei­den, sind daher wesentlich größere Anstrengungen notwendig als bisher geplant!

 

Die europäische Situation beim Klima­schutz

 

Was viele nicht wissen ist, dass in Paris nicht die Europäischen Staaten einzeln verhandelt haben, son­dern die EU geschlossen aufgetreten ist.

 

Es gibt daher auch gemeinsame Klimaschutzziele der EU, die innerhalb der EU auf die einzelnen Staaten aufgeteilt werden.

 

Die EU hat als Ziele bis 2030:[6]

  • Senkung der Treibhausgasemissionen um min­destens 40% gegenüber 1990
  • Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energiequel­len auf mindestens 27%.
  • Steigerung der Energieeffizienz um mindestens 27%.

 

Der EU ist aber bewusst „…dass die EU-2030-Ziele insgesamt nicht ausreichend sind, um die Paris-Ziele

zu erreichen. Dementsprechend bemüht sich die EU, ihre 2030-Ziele anzuheben…“[7]

 

Die österreichische Situation beim Klima­schutz[8]

 

Das erste große Klimaschutzabkommen war das Kyoto-Protokoll und die erste Verpflichtungsperiode – an der man messen kann wie einzelne Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen - dauerte von 2008 bis 2012.

 

Die Ergebnisse für Österreich sind katastrophal:[9]

  • 26 Staaten der EU[10] verpflichteten sich, die Treib­hausgasemissionen[11] im Durchschnitt um 10,3% zu reduzieren.
  • Die 26 Staaten erreichten letztendlich eine Reduk­tion im Durchschnitt von 20,1%.
  • D.h. die 26 Staaten haben ihr Ziel um 9,8% überer­füllt.
  • Österreich hat sich verpflichtet, seine Emissionen um 13% zu reduzieren.
  • Österreich hat seine Emissionen nicht nur nicht reduziert, sondern sogar um 3,2% gesteigert.
  • D.h. Österreich hat sein Ziel um 16,2% verfehlt!
  • Dies ist der zweitschlechteste Wert aller 26 Staaten!

Die Darstellung dieser massiven Zielverfehlung in der Öffentlichkeit ist häufig irreführend!  Im Klima­schutzbericht 2017 des Umweltbundesamtes steht auf Seite 22: „Sowohl die Europäische Union als auch Österreich haben ihre jeweilige Reduktionsverpflich­tung erreicht.“[12] Die Realität sieht so aus:[13] Österreich wurden Emissionen von 345,7 Mio. t zugestanden. Tatsächlich wurden 417 Mio. t emittiert. Für die Diffe­renz von 71,3 Mio. t wurden von Österreich einfach Emissionszertifikate im Wert von mehr als 400 Mio. € zugekauft[14] – um „die Verpflichtung zu erfüllen“.

 

Das Klima wird nur durch echte Treib­hausgasreduktionen gerettet und nicht durch „Freikaufen“ von Verpflichtungen.

 

Häufig wird beklagt, dass Österreich das Kyoto-Ziel nicht erreicht hat weil schlecht verhandelt wurde und daher die Ziele für Österreich zu hoch angesetzt wur­den.

 

Vergleichen wir daher die Emissionsentwicklung der europäischen Staaten ohne irgendwelche Zielsetzun­gen:

 

  • Die EU-28 haben ihre Emissionen im Durchschnitt seit 1990 bereits um rd. 24% reduziert.
  • Österreich hat die Emissionen gar nicht redu­ziert.
  • Österreich hat damit den fünftschlechtesten Wert aller 28 Staaten.

 

Treibhausgas-Emissionen der Europäischen Union

in Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten*[15]

 

1990
(Millionen Tonnen)

2015
 (Millionen Tonnen)

Veränderung
1990-2015
%

Zypern

5,6

8,4

50,0 %

Spanien

287,8

335,7

16,6 %

Portugal

59,6

68,9

15,7 %

Irland

56,1

59,9

6,7 %

Österreich

78,8

78,9

0,1 %

Malta

2,4

2,2

-6,5 %

Griechenland

103,1

95,7

-7,1 %

Slowenien

18,6

16,8

-9,5 %

Niederlande

221,4

195,2

-11,8 %

Frankreich

547,1

457,1

-16,4 %

Italien

519,9

433,0

-16,7 %

Polen

467,9

385,8

-17,5 %

Luxemburg

12,7

10,3

-19,3 %

Belgien

146,3

117,4

-19,7 %

Finnland

71,3

55,6

-22,1 %

Kroatien

31,2

23,5

-24,6 %

Schweden

71,6

53,7

-25,1 %

Deutschland

1.250,9

901,9

-27,9 %

Dänemark

70,4

48,3

-31,3 %

Ungarn

93,9

61,1

-34,9 %

Tschechien

197,9

127,9

-35,4 %

Großbritannien

793,6

503,5

-36,6 %

Bulgarien

103,7

61,5

-40,7 %

Slowakei

74,5

41,3

-44,6 %

Rumänien

246,3

116,4

-52,7 %

Estland

40,4

18,0

-55,3 %

Lettland

26,2

11,3

-56,8 %

Litauen

48,0

20,1

-58,2 %

EU-28

5.647,1

4.309,6

-23,7 %

* alle Angaben ohne Emissionen aus der Kategorie LULUCF,

 

 inkl. indirekter Emissionen

 

 

Quelle: Europäische Umweltagentur - European Environment Agency (EEA):

 EEA greenhouse gas - data viewer 

 

 

http://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/data-viewers/

greenhouse-gases-viewer 

 

 

(Aufruf 24.08.2017)

 

 

 

 

…und nun mit aktuell gültigen Zielsetzungen:

  • Die EU hat sich verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um 40% gegenüber 1990 zu reduzieren (siehe oben).
  • Bis 2015 hat die EU im Durchschnitt bereits 24% von dem 40%-Reduktionsziel erreicht.
  • Österreich hat 0% erreicht.

 

Misstrauen gegenüber der österreichischen Klimapolitik ist daher – wenn wir die Vergan­genheit betrachten – mehr als gerechtfertigt!

 

Zur Klimastrategie der Bundesregierung im Detail

 

Genereller Eindruck

  • Die Strategie ist ca. 80 Seiten lang, umfasst 8 Aufgaben und 12 Leuchtturmprojekte
  • Sie ist in weiten Teilen auch für Laien verständlich.
  • Es werden sehr viele Themen angesprochen. Es wird praktisch alles aufgezählt, was im Zusam­menhang mit Klimaschutz in Diskussion ist. Von Kernthemen wie Energiesparen, erneuerbare Energie, über Verkehr und Gebäudesanierung bis zu Forschung und Bildung. Dies ist grundsätzlich positiv.
  • Die Aufbereitung ist professionell. Wir können uns gut vorstellen dass ein Laie – wenn er/sie die Strategie liest – durchaus beeindruckt ist.

Als Werbebroschüre für die geplante Arbeit der Regierung ist die Klimastrategie sehr gut zu bewerten. Die Erde braucht aber ECHTEN Klimaschutz und keine Werbemaßnahmen! Daher beurteilen wir die Klimastrategie im Folgenden nach inhaltlicher Qualität und nicht nach Aufmachung!

 

1. Zu mehr als einem Drittel (36,5%) der österreichischen Emissionen sagt die Klimastrategie gar nichts![16]

 

Da dies für Laien kaum durchschaubar ist hier eine möglichst einfache und kurze Erklärung:

  • Die Klimaschutzmaßnahmen in der EU sind zweige­teilt. Für große Industrieanlagen (z.B. Stahl, Zement, Glas, Öl und Chemie, Papier, Energieer­zeugung) und die Luftfahrt gilt der europäische Emissionshandel (ETS).[17] Für alle anderen Sekto­ren (Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, etc.) gilt das Effort-Sharing-System (ESD).[18]
  • Beim ETS bekommen Industriebetriebe[19] für jede Tonne Emissionen gratis Zertifikate = Verschmut­zungsrechte. Wie viele sie bekommen, hängt davon ab, wie viel sie bisher emittiert haben. Am Ende des Jahres müssen sie so viele Zertifikate zurückgeben, wie sie emittiert haben.
  • Die EU reduziert die Anzahl der Zertifikate jedes Jahr um z.B. 2%, d.h. das Unternehmen bekommt für dieselbe Anlage 2% weniger Zertifikate als im Vorjahr. Das bedeutet, die Unternehmen müssen sich überlegen wie sie ihre Anlagen so verbessern, dass diese weniger emittieren.
  • Wenn sie die Emissionen stärker reduzieren kön­nen als das Ziel war (2%) dann bleiben ihnen am Ende des Jahres Zertifikate übrig die sie verkaufen können – sie werden belohnt. Wenn sie die Emis­sionen schwächer reduzieren als das Ziel war (2%) dann fehlen ihnen am Ende des Jahres Zertifikate, die sie kaufen müssen – sie werden bestraft.
  • Dadurch sollen die Industrien die dem ETS unterlie­gen „gezwungen“ werden Klimaschutzmaß­nahmen zu setzen. Wie sie die Ziele erreichen, bleibt aber den Unternehmen selbst überlassen.
  • In der EU besteht die Verpflichtung, dass die Unter­nehmen die dem ETS unterliegen, ihre Emis­sionen bis 2030 um 43% gegenüber 2005 reduzie­ren müssen![20]
  • Die 35,8 Mio. t die im ETS-Bereich in Österreich 2005 emittiert wurden müssen also bis 2030 auf 20,4 Mio. t reduziert werden.[21]
  • In den ersten 10 Jahren haben die österreichischen Unternehmen von den 43% Zieleinsparung bereits 17% geschafft. In den restlichen 15 Jahren müssen sie aber noch 26% schaffen![22]
  • Wie die österreichischen Unternehmen die dem ETS unterliegen dies schaffen sollen – und wie die Bundesregierung dabei unterstützen kann - sagt die Klimastrategie der Bundesregierung absolut nichts!

 

Auch wenn die Bundesregierung formal dafür nicht zuständig ist, erachten wir von Future Aid es als notwendig, dass sich eine Bundes­regierung für alle österreichischen Emissio­nen verantwortlich fühlt, wenn sie Klima­schutz ernst nimmt!

 

Ab jetzt sprechen wir leider nur mehr über die 63,5% der österreichischen Emissionen, zu denen die Kli­mastrategie überhaupt Aussagen trifft!

 

2. Es gibt viel zu wenig quantifizierte Ziele!

 

  • Es gibt praktisch nur ein Globalziel – „Österreich wird seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 36 % gegenüber 2005 reduzieren.“[23] Dieses klingt vielleicht gut, ist aber
    • einerseits eine Selbstverständlichkeit, weil sich Österreich vertraglich dazu verpflichtet hat und ist
    • andererseits nur ein Minimalziel, weil Öster­reich diese Einsparung mindestens erbringen muss.
  • Der Teil der Emissionen der in der Klimastrategie behandelt wird, besteht aus 6 Sektoren: Gebäude, Verkehr, Industrie (ohne ETS), Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, fluorierte-Gase. In der Strategie sind jedoch nur für 2 dieser 6 Sektoren quantifi­zierte Ziele festgelegt – für Gebäude und Verkehr. Für die anderen 4 Sektoren wurden keine Ziele festgelegt!
  • Dies ist ein absoluter Rückschritt weil im derzeit geltenden Klimaschutzgesetz (für 2013 bis 2020) noch für alle 6 Sektoren Ziele quantifiziert sind.[24]
  • Noch viel problematischer wird das Fehlen von quantifizierten Zielen für diese 4 Sektoren wenn man Folgendes weiß:
    • Laut Klimastrategie werden die Emissionen bis 2030 auf 36,4 Mio. t gesenkt.[25]
    • Da man die Emissionen bei Gebäuden und Ver­kehr auf 20,7 Mio. t senken will[26], bleiben den anderen 4 Sektoren nur mehr Emissionen von 15,7 Mio. t in 2030.
    • In den 10 Jahren von 2005 bis 2015 wurden die Emissionen in den 4 Sektoren lediglich von 19,7 Mio. t auf 19,2 Mio. t gesenkt. Das sind gerade einmal 2,5%.[27]
    • Jetzt muss man in 15 Jahren (2015 bis 2030) von 19,2 Mio. t auf 15,7 Mio. t senken. Das sind aber 18% um die jetzt gesenkt werden müsste.

Wie will man – bei den 4 Sektoren, für die es keine Ziele gibt - in 15 Jahren 18% schaffen, wenn man in 10 Jahren gerade einmal 2,5% geschafft hat? Darauf gibt die Klimastrategie keine Antwort!

 

3. Die wenigen Ziele sind darüber hinaus auch nicht ausreichend!

 

  • Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, sind größere Anstrengungen notwendig – siehe oben: Globale Situation
  • Da dies der EU bewusst ist, versucht die EU die Ziele – auch für 2030 – anzuheben. Verhandlungen dazu laufen. Man kann davon ausgehen, dass die EU eine Reduktion der Treibhausgase bis 2050 um 95% anstrebt.
  • In der Klimastrategie wird immer wieder vage von einer Dekarbonisierung bis 2050 geschrieben, ohne zu erklären, wie diese erreicht werden soll.
  • Österreich hatte 2015 Emissionen von 78,9 Mio. t. Wenn die Emissionen um 95% gesenkt werden sollen, dürfte Österreich 2050 nur mehr Emissio­nen von 3,9 Mio. t haben.[28] Die Bundesregierung nimmt sich jetzt in der Klimastrategie 56,8 Mio. t[29] als Emissionsziel für 2030 vor.

 

Es ist leicht zu erkennen, dass dieses Ziel bis 2030 nicht reicht, um danach in 20 Jahren von 57 auf 4 Mio. t zu reduzieren!

 

  • Wenn wir die Paris-Ziele (2-Grad) erreichen wollen, steht Österreich nur mehr ein „Emissionsbudget“ von 1.000 bis 1,500 t zur Verfügung.[30]

 

Wenn wir so viel emittieren, wie sich die Bun­desregierung in der Klimastrategie zum Ziel gesetzt hat, dann ist unser Emissionsbudget bereits 2039 aufgebraucht![31]

 

  • Wenn man sieht, wie enorm die Emissionen redu­ziert werden müssen, könnten Leser zu Recht fra­gen: Was ist, wenn die EU ihre Ziele erreicht, aber der Rest der Welt nicht mitmacht? Oder anders gefragt: Machen solch große Anstrengungen über­haupt Sinn? Die Antwort ist eindeutig JA!
    • Acht Forschungseinrichtungen aus ganz Europa – darunter das österreichische SERI[32] – haben im Projekt POLFREE[33] untersucht, wel­che Auswirkungen Klima- und Ressourcen­schutz auf Arbeitsplätze, Wirtschaftsentwick­lung und Lebensqualität haben.
    • Dabei wurde unter anderem auch untersucht was passiert, wenn nur die EU vorangeht, aber der Rest der Welt nicht in ausreichendem Maß mitmacht.
    • Die Ergebnisse sind eindeutig: Der Klimawan­del ist dann natürlich nicht aufzuhalten, aber Europa wird es vergleichsweise deutlich besser gehen als dem Rest der Welt.[34]

 

Klimaschutz zahlt sich in jedem Fall aus!

 

4. Es ist weitgehend unklar, wie die Ziele erreicht werden sollen (Was – Maß­nahmen; bis Wann - Zeitplan)

  • Eine glaubwürdige Strategie benötigt neben klaren Zielen auch
    • konkrete Maßnahmen die 1.) geeignet sind die Ziele zu erreichen und 2.) ausreichend dimen­sioniert sind um die Ziele zu erreichen
    • klare Verantwortlichkeiten, wer für die Umset­zung zuständig ist
    • klare Zeitpläne, was bis wann erledigt sein muss. Insbesondere Letzteres ist wichtig, weil das meiste was in der Klimastrategie vorge­schlagen wird, ja NOCH NICHT getan ist. Wir haben derzeit das Jahr 2018 und 2030 ist nicht mehr weit entfernt.

Die meisten dieser 3 Elemente sind nicht ausreichend benannt:

  • Maßnahmen findet man wie in einem Katalog viele, aber wie sie dimensioniert werden ist meist unklar. Wir können in diesem Artikel nicht die Män­gel in 80 Seiten Klimastrategie im Detail darlegen zeigen Ihnen aber ein exemplarisches Beispiel:
    • Wenn es deutlich mehr Strom aus erneuerba­ren Quellen gibt, werden natürlich große Anpas­sungen im Stromnetz erforderlich sein.
    • Auf Seite 27 der Klimastrategie findet man als Maßnahme dazu unter anderem: „Langfristige Vision für die Netzinfrastruktur entwickeln“.

Mit dem Entwickeln von Visionen werden wir die notwendigen Emissionsreduktionen nicht schaffen!

  • Zu Punkt 1.) bei Maßnahmen (siehe oben) den Instrumenten, die eingesetzt werden sollen, um die Ziele zu erreichen, hat die Bundesregierung die Klimastrategie zwischen Entwurf und End­fassung deutlich verbessert. Zumindest bei den Leuchttürmen sind jetzt Instrumente angeführt.
  • Verantwortlichkeiten: Hier hat die Bundesregie­rung zwischen Entwurf und Endfassung deutlich nachgebessert. Zumindest bei den Leuchttür­men sind jetzt Verantwortlichkeiten angeführt.
  • Zeitpläne: Konkrete Zeitpläne fehlen weitgehend. Für viele Maßnahmen ist es notwendig zunächst die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Maßnahmen überhaupt gesetzt werden können. Dies sollte so schnell wie möglich geschehen. In den gesamten 80 Seiten der Klimastrategie findet man exakt nur 3 Mal[5] die  konkrete Zusage, etwas bereits 2019 umzusetzen! Bei allen anderen Maßnahmen fehlen klare Zeit­pläne weitgehend.
  • Ein Beispiel dazu: Der „Leuchtturm“ 8 ist Green Finance. Dabei geht es darum, wie man priva­tes Kapital für die Finanzierung der Energie­wende mobilisieren kann.
  • Der „Zeitplan“ sieht folgendermaßen aus: ab 2019…soll ein Dialog…zur Erarbeitung vom Maßnahmen…gestartet werden[36]

Mit solchen Zeitplänen wird man vor 2030 wohl nicht viel umsetzen können!

 

5. Für die Finanzierung ist nichts vorgese­hen!

 

Einer der schwerwiegendsten Vorwürfe kommt zum Schluss.

  • Die Umsetzung der Klimastrategie wird – auch wenn die Ziele nicht ambitioniert genug sind – eine Herausforderung.
  • Die Maßnahmen werden beträchtliche Finanzmittel erfordern.

In der gesamten Klimastrategie findet sich keine einzige Zahl zu den Kosten und zur Finanzierung!

  • „Es ist daher im Sinne der budgetären Nachhaltig­keit sicherzustellen, dass bei Maßnahmen, die von haushaltsrechtlicher bzw. steuerpolitischer Rele­vanz sind, die strukturelle Gegenfinanzierung ein­gehalten wird.“[37] Was bedeutet das? Wenn etwas aus dem Budget finanziert wird (haushaltsrechtli­cher) oder die Steuereinnahmen sinken (steuerpo­litischer) muss eine strukturelle Gegenfinanzierung stattfinden – was ist diese strukturelle Gegenfinan­zierung?
  • „Voraussetzung hierfür ist unter anderem, die Kom­patibilität der bestehenden Ausgaben- und Ein­nahmenstruktur mit den klima- und energiespezifi­schen Zielvorgaben kritisch zu hinterfragen.“[38] Was bedeutet das? Wenn das bestehende Budget (Ausgaben- und Einnahmenstruktur) nicht zu den Klimazielen passt, verzichten wir dann auf die Kli­maziele?
  • Die Wissenschaft weiß seit Langem dass ein ökologisches Steuersystem eine der wirksams­ten Maßnahmen ist, um die Emissionen zu reduzieren!
    • In der Klimastrategie steht dazu nur Folgendes: „Zudem werden die steuerpolitischen Maßnah­men im Zuge der Steuerstrukturreform behan­delt.“[39] Und in der Endfassung: „Im Rahmen der Steuerstrukturreform sollen klima- und energie­politisch relevante Maßnahmen gesetzt wer­den.“[40] Ob und wann eine ökologische Steuerre­form kommt, ist weiterhin unklar!
  • In der Klimastrategie wird mehrfach auf private Finanzierung hingewiesen. Wann diese kommen soll, wie sie initiiert werden soll und wie viel erwar­tet/benötigt wird, ist jedoch völlig offen (siehe auch oben zum Zeitplan von Green Finance).

Solange keine Vorstellung darüber besteht, was die Maßnahmen zum Klimaschutz kosten und woher das Geld kommen soll, ist Klima­schutz gefährdet!

 

Wie beurteilen Experten die Klimastrate­gie?

  • Wie Future Aid die Klimastrategie beurteilt, wissen Sie nun. Vielleicht wollen Sie aber wissen, wie Wissenschaftler und Experten die Klimastrategie beurteilen.
  • Beginnen wir mit den drei großen Umweltschutzor­ganisationen:
    • Die detaillierteste Stellungnahme gibt es vom WWF Österreich: Schwarzbuch Klimastrate­gie.[41] Auf 40 Seiten wird die Klimastrategie sehr genau analysiert. Sehr lesenswert! Der WWF kritisiert die Klimastrategie scharf, enthält alle Kritikpunkte von Future Aid und noch etliche zusätzliche.
    • Greenpeace hat seine Kritik in einer 11-seitigen Stellungnahme[42] erläutert. Greenpeace kritisiert zusätzlich zu den Punkten von Future Aid ins­besondere den Konsultationsprozess zwischen Entwurf und finaler Version der Klimastrategie und stellt einige Forderungen auf.
    • Global 2000 hat ebenfalls zur Klimastrategie Stellung bezogen.[43] Die Kritikpunkte sind natur­gemäß dieselben wie bereits bisher erwähnt.
  • Die Kritik der großen Umweltschutzorganisationen ist einhellig und massiv. Manche könnten diesen aber unterstellen, dass sie nicht objektiv urteilen (was nicht stimmt). Sehen wir uns daher an, wie führende Klimawissenschaftler die Klimastrategie beurteilen. Über den Entwurf der Klimastrategie wurde in den Medien recht ausführlich berichtet. Etliche Wissenschaftler haben zur Klimastrategie Stellung genommen. Wir können nur einige davon hier erwähnen.
    •  Das Climate Change Centre Austria (CCCA) ist ein von 28 der wichtigsten Forschungsinstituti­onen[44] Österreichs getragenes Forschungsnetz­werk, das sowohl die Klima- und Klimafol­genforschung vernetzt und stärkt, als auch Gesellschaft und Politik wissenschaft­lich fun­diert über klimarelevante Themen infor­miert und allenfalls berät. Das CCCA ist auch Träger des APCC – des österreichischen Klimarates und von COIN (COst of INaction) einer Koope­ration von 12 Forschungseinrich­tungen, die die Folgen des Klimawandels erfor­schen.[45] Die Stel­lungnahme des CCCA ist etwas höflicher formuliert wie die der Umwelt­schutzorganisatio­nen, aber die Hauptkritik­punkte sind auch hier enthalten:
      • Instrumente, Maßnahmen, Zuständigkeiten, Zeitplänen, Umsetzungsmonitoring und Finanzierung sind in der Klimastrategie unzureichend.[46]
      • Auch vom CCCA wird eine ökologische Steu­erreform gefordert.[47]
      • Das CCCA sieht die Ziele der Klimastrategie als nicht ausreichend an.[48]
      • Klimaforscher zerpflücken Klimastrategie der Regierung ist ein Artikel im Kurier, über die Pressekonferenz des CCCA zur Klimastrate­gie[49]
      • Harte Expertenkritik an Klimastrategie der Regierung ist ein Artikel im Standard, über die Meinung einiger anderer Klimawissenschaft­ler.[50]

Schlusswort

  • Dieser Artikel sollte Ihnen helfen sich eine eigene Meinung darüber zu bilden, ob die Kritik von Future Aid an der Klimastrategie der Bundesregie­rung berechtigt ist!
  • Wir hoffen wir konnten Sie davon überzeugen, dass die Kritik berechtigt ist!

Wenn dies gelungen ist, bitten wir Sie, die Petition von Future Aid auf mein#aufstehn zu unterschreiben und bestmöglich zu unterstützen!

 

Die bestmögliche Unterstützung besteht darin, viel Menschen in Ihrem Umfeld auf diese Petition aufmerk­sam zu machen und einzuladen mitzumachen.

 

Bleiben Sie dran – hören Sie nicht auf zu lesen!

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

© Peter Jöchle 2018

 

[1] „#aufstehn ist eine Gemeinschaft von über 100.000 Enga­gierten, die sich gemeinsam für ein positives Miteinander und soziale, wirtschaftliche & ökologische Fairness einsetzen.“ „#aufstehn ist eine neue Form der zivilgesellschaftlichen Kampagnenorganisation.“ Zur Website von #aufstehn gelan­gen Sie hier.

[2] Der Einfachheit halber bezeichnen wir die Klima- und Ener­giestrategie im Folgenden nur mehr als Klimastrategie.

[3] Zur Endfassung gelangen Sie hier. Der Entwurf liegt Future Aid vor. Auf der Website der Bundesregierung finden Sie den Entwurf nichtmehr. Wir finden dies nicht richtig weil Sie nun nichtmehr vergleichen können wie viel oder wie wenig die Bundesregierung auf die Empfehlungen von Experten einge­gangen ist.

[4] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.9

[5] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.9

[7] Stellungnahme des österreichischen Klimaforschungsnetzwerks CCCA zur Klimastrategie S.4

[8] Wir verwenden in diesem Artikel so weit als möglich Zahlen aus dem Klimaschutzbericht 2017 des österreichischen Umweltbundesamtes, obwohl wir die Daten auch aus anderen Quellen verwenden könnten. Da das Umweltbundesamt aber der Regierung untersteht, gehen wir davon aus, dass die Regierung zumindest ihre eigenen Zahlen nicht bezweifeln wird.

[9] Daten aus Wikipedia - Kyoto-Protokoll  und eigene Berech­nungen.

[10] Die EU-28 ohne Malta und Zypern.

[11] Der Einfachheit halber schreiben wir ab jetzt lediglich von Emissionen, wenn wir Treibhausgasemissionen meinen.

[12] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.22

[13] Emissionszahlen aus: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.22

[14] Die Presse: Klimaschutz - Österreich hat seine Ziele ver­fehlt – sehr lesenswert!

[15] Quelle: Europäische Umweltagentur - European Environ­ment Agency (EEA) - EEA greenhous-gases-viewer

[16] Mehr Details dazu finden Sie im Schwarzbuch Klimastrate­gie des WWF S.11f. Diese 40-seitige Analyse der Klimastrate­gie der Bundesregierung ist sehr lesenswert!

[17] Mehr zu diesem Thema finden Sie in: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.32ff

[18] Mehr zu diesem Thema finden Sie in: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.29ff

[19] Derzeit sind ca. 200 Anlagen in Österreich in das ETS eingebunden. Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.32

[20] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.35

[21] Berechnungen auf Basis: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 Anhang 4

[22] Berechnungen auf Basis: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 Anhang 4

[23] Klimastrategie S.15

[24]Fortschrittsbericht 2016 Klimaschutzgesetz §6 z.B. S.3

[25] Klimastrategie S.15

[26] Klimastrategie S.16

[27] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 Anhang 4

[28] Schwarzbuch Klimastrategie des WWF S.8

[29] Das sind die 36,4 Mio. t für den ESD-Bereich, der in der Klimastrategie behandelt wird und 20,4 Mio. t, wenn wir unsere Verpflichtung aus dem ETS-Bereich erfüllen.

[30] Wegener Center für Klima und Globalen Wandel: Das Treibhausgas-Budget für Österreich S.17

[31] Schwarzbuch Klimastrategie des WWF S.10

[32] Zur Website von SERI - Sustainable Europe Research Institute

[33] Zur Website von POLFREE: Policy Options for a Resource-Efficient Economy

[34] POLFREE: Scenario: EU Goes Ahead

[35] Klimastrategie Die 3 Mal sind zu finden auf: S.33 (März 2019); S.38 (Juni 2019); S.75 (2019). Aussagen wie ab 2019 und z.B. 2019-2022 haben wir nicht gelten lassen weil klar ist, dass die Maßnahme 2019 noch nicht gesetzt ist.

[36] Klimastrategie S.67

[37] Klimastrategie S.8

[38] Klimastrategie S.20

[39] Klimastrategie S.8

[40] Klimastrategie S.37

[41] Das Schwarzbuch Klimastrategie finden Sie hier.

[42] Die Stellungnahme von Greenpeace finden Sie hier.

[43] Die Stellungnahmen von Global 2000 finden Sie hier und hier.

[44] Österreich hat – im Vergleich zu seiner Einwohnerzahl – sehr viele hervorragende Klimaforscher.

[45] Die Stellungnahme des CCCA finden Sie hier.

[46] CCCA-Stellungnahme S.2

[47] CCCA-Stellungnahme S.3

[48] CCCA-Stellungnahme S.7