Herzlich willkommen! Wir freuen uns sehr, dass Sie da sind!
Dies ist für viele vermutlich der erste Future Aid Artikel, den Sie lesen. Daher folgende Hinweise: Bitte beachten Sie auch die Fußnoten. Diese befinden sich in der Onlineausgabe am Ende des Textes, in der pdf-Version direkt auf der jeweiligen Seite. Wir empfehlen daher die pdf-Version, die Sie am Anfang des Artikels zum Download finden. Sowohl in der Onlineversion als auch in der pdf-Version finden Sie direkte Links zu den zitierten Quellen, damit Sie unsere Aussagen sofort selbst überprüfen können!
Einleitung
Dies ist ein Sonderartikel! Die Gründe:
Nachdem Sie diesen Artikel gelesen haben, sollen Sie selbst entscheiden können, ob die Kritik von Future Aid an der Klimastrategie berechtigt ist!
Die globale Situation beim Klimaschutz
Um beurteilen zu können, ob die Klimastrategie ambitioniert genug ist, sollten wir uns ansehen, wie die globale Situation ist.
Die Situation ist extrem besorgniserregend:
Die europäische Situation beim Klimaschutz
Was viele nicht wissen ist, dass in Paris nicht die Europäischen Staaten einzeln verhandelt haben, sondern die EU geschlossen aufgetreten ist.
Es gibt daher auch gemeinsame Klimaschutzziele der EU, die innerhalb der EU auf die einzelnen Staaten aufgeteilt werden.
Die EU hat als Ziele bis 2030:[6]
Der EU ist aber bewusst „…dass die EU-2030-Ziele insgesamt nicht ausreichend sind, um die Paris-Ziele
zu erreichen. Dementsprechend bemüht sich die EU, ihre 2030-Ziele anzuheben…“[7]
Die österreichische Situation beim Klimaschutz[8]
Das erste große Klimaschutzabkommen war das Kyoto-Protokoll und die erste Verpflichtungsperiode – an der man messen kann wie einzelne Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen - dauerte von 2008 bis 2012.
Die Ergebnisse für Österreich sind katastrophal:[9]
Die Darstellung dieser massiven Zielverfehlung in der Öffentlichkeit ist häufig irreführend! Im Klimaschutzbericht 2017 des Umweltbundesamtes steht auf Seite 22: „Sowohl die Europäische Union als auch Österreich haben ihre jeweilige Reduktionsverpflichtung erreicht.“[12] Die Realität sieht so aus:[13] Österreich wurden Emissionen von 345,7 Mio. t zugestanden. Tatsächlich wurden 417 Mio. t emittiert. Für die Differenz von 71,3 Mio. t wurden von Österreich einfach Emissionszertifikate im Wert von mehr als 400 Mio. € zugekauft[14] – um „die Verpflichtung zu erfüllen“.
Das Klima wird nur durch echte Treibhausgasreduktionen gerettet und nicht durch „Freikaufen“ von Verpflichtungen.
Häufig wird beklagt, dass Österreich das Kyoto-Ziel nicht erreicht hat weil schlecht verhandelt wurde und daher die Ziele für Österreich zu hoch angesetzt wurden.
Vergleichen wir daher die Emissionsentwicklung der europäischen Staaten ohne irgendwelche Zielsetzungen:
Treibhausgas-Emissionen der Europäischen Union |
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in Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten*[15] |
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|
1990 |
2015 |
Veränderung |
Zypern |
5,6 |
8,4 |
50,0 % |
Spanien |
287,8 |
335,7 |
16,6 % |
Portugal |
59,6 |
68,9 |
15,7 % |
Irland |
56,1 |
59,9 |
6,7 % |
Österreich |
78,8 |
78,9 |
0,1 % |
Malta |
2,4 |
2,2 |
-6,5 % |
Griechenland |
103,1 |
95,7 |
-7,1 % |
Slowenien |
18,6 |
16,8 |
-9,5 % |
Niederlande |
221,4 |
195,2 |
-11,8 % |
Frankreich |
547,1 |
457,1 |
-16,4 % |
Italien |
519,9 |
433,0 |
-16,7 % |
Polen |
467,9 |
385,8 |
-17,5 % |
Luxemburg |
12,7 |
10,3 |
-19,3 % |
Belgien |
146,3 |
117,4 |
-19,7 % |
Finnland |
71,3 |
55,6 |
-22,1 % |
Kroatien |
31,2 |
23,5 |
-24,6 % |
Schweden |
71,6 |
53,7 |
-25,1 % |
Deutschland |
1.250,9 |
901,9 |
-27,9 % |
Dänemark |
70,4 |
48,3 |
-31,3 % |
Ungarn |
93,9 |
61,1 |
-34,9 % |
Tschechien |
197,9 |
127,9 |
-35,4 % |
Großbritannien |
793,6 |
503,5 |
-36,6 % |
Bulgarien |
103,7 |
61,5 |
-40,7 % |
Slowakei |
74,5 |
41,3 |
-44,6 % |
Rumänien |
246,3 |
116,4 |
-52,7 % |
Estland |
40,4 |
18,0 |
-55,3 % |
Lettland |
26,2 |
11,3 |
-56,8 % |
Litauen |
48,0 |
20,1 |
-58,2 % |
EU-28 |
5.647,1 |
4.309,6 |
-23,7 % |
* alle Angaben ohne Emissionen aus der Kategorie LULUCF, |
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inkl. indirekter Emissionen |
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Quelle: Europäische Umweltagentur - European Environment Agency (EEA): |
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EEA greenhouse gas - data viewer |
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greenhouse-gases-viewer |
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(Aufruf 24.08.2017) |
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…und nun mit aktuell gültigen Zielsetzungen:
Misstrauen gegenüber der österreichischen Klimapolitik ist daher – wenn wir die Vergangenheit betrachten – mehr als gerechtfertigt!
Zur Klimastrategie der Bundesregierung im Detail
Genereller Eindruck
Als Werbebroschüre für die geplante Arbeit der Regierung ist die Klimastrategie sehr gut zu bewerten. Die Erde braucht aber ECHTEN Klimaschutz und keine Werbemaßnahmen! Daher beurteilen wir die Klimastrategie im Folgenden nach inhaltlicher Qualität und nicht nach Aufmachung!
1. Zu mehr als einem Drittel (36,5%) der österreichischen Emissionen sagt die Klimastrategie gar nichts![16]
Da dies für Laien kaum durchschaubar ist hier eine möglichst einfache und kurze Erklärung:
Auch wenn die Bundesregierung formal dafür nicht zuständig ist, erachten wir von Future Aid es als notwendig, dass sich eine Bundesregierung für alle österreichischen Emissionen verantwortlich fühlt, wenn sie Klimaschutz ernst nimmt!
Ab jetzt sprechen wir leider nur mehr über die 63,5% der österreichischen Emissionen, zu denen die Klimastrategie überhaupt Aussagen trifft!
2. Es gibt viel zu wenig quantifizierte Ziele!
Wie will man – bei den 4 Sektoren, für die es keine Ziele gibt - in 15 Jahren 18% schaffen, wenn man in 10 Jahren gerade einmal 2,5% geschafft hat? Darauf gibt die Klimastrategie keine Antwort!
3. Die wenigen Ziele sind darüber hinaus auch nicht ausreichend!
Es ist leicht zu erkennen, dass dieses Ziel bis 2030 nicht reicht, um danach in 20 Jahren von 57 auf 4 Mio. t zu reduzieren!
Wenn wir so viel emittieren, wie sich die Bundesregierung in der Klimastrategie zum Ziel gesetzt hat, dann ist unser Emissionsbudget bereits 2039 aufgebraucht![31]
Klimaschutz zahlt sich in jedem Fall aus!
4. Es ist weitgehend unklar, wie die Ziele erreicht werden sollen (Was – Maßnahmen; bis Wann - Zeitplan)
Die meisten dieser 3 Elemente sind nicht ausreichend benannt:
Mit dem Entwickeln von Visionen werden wir die notwendigen Emissionsreduktionen nicht schaffen!
Mit solchen Zeitplänen wird man vor 2030 wohl nicht viel umsetzen können!
5. Für die Finanzierung ist nichts vorgesehen!
Einer der schwerwiegendsten Vorwürfe kommt zum Schluss.
In der gesamten Klimastrategie findet sich keine einzige Zahl zu den Kosten und zur Finanzierung!
Solange keine Vorstellung darüber besteht, was die Maßnahmen zum Klimaschutz kosten und woher das Geld kommen soll, ist Klimaschutz gefährdet!
Wie beurteilen Experten die Klimastrategie?
Schlusswort
Wenn dies gelungen ist, bitten wir Sie, die Petition von Future Aid auf mein#aufstehn zu unterschreiben und bestmöglich zu unterstützen!
Die bestmögliche Unterstützung besteht darin, viel Menschen in Ihrem Umfeld auf diese Petition aufmerksam zu machen und einzuladen mitzumachen.
Bleiben Sie dran – hören Sie nicht auf zu lesen!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
© Peter Jöchle 2018
[1] „#aufstehn ist eine Gemeinschaft von über 100.000 Engagierten, die sich gemeinsam für ein positives Miteinander und soziale, wirtschaftliche & ökologische Fairness einsetzen.“ „#aufstehn ist eine neue Form der zivilgesellschaftlichen Kampagnenorganisation.“ Zur Website von #aufstehn gelangen Sie hier.
[2] Der Einfachheit halber bezeichnen wir die Klima- und Energiestrategie im Folgenden nur mehr als Klimastrategie.
[3] Zur Endfassung gelangen Sie hier. Der Entwurf liegt Future Aid vor. Auf der Website der Bundesregierung finden Sie den Entwurf nichtmehr. Wir finden dies nicht richtig weil Sie nun nichtmehr vergleichen können wie viel oder wie wenig die Bundesregierung auf die Empfehlungen von Experten eingegangen ist.
[4] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.9
[5] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.9
[7] Stellungnahme des österreichischen Klimaforschungsnetzwerks CCCA zur Klimastrategie S.4
[8] Wir verwenden in diesem Artikel so weit als möglich Zahlen aus dem Klimaschutzbericht 2017 des österreichischen Umweltbundesamtes, obwohl wir die Daten auch aus anderen Quellen verwenden könnten. Da das Umweltbundesamt aber der Regierung untersteht, gehen wir davon aus, dass die Regierung zumindest ihre eigenen Zahlen nicht bezweifeln wird.
[9] Daten aus Wikipedia - Kyoto-Protokoll und eigene Berechnungen.
[10] Die EU-28 ohne Malta und Zypern.
[11] Der Einfachheit halber schreiben wir ab jetzt lediglich von Emissionen, wenn wir Treibhausgasemissionen meinen.
[12] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.22
[13] Emissionszahlen aus: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.22
[14] Die Presse: Klimaschutz - Österreich hat seine Ziele verfehlt – sehr lesenswert!
[15] Quelle: Europäische Umweltagentur - European Environment Agency (EEA) - EEA greenhous-gases-viewer
[16] Mehr Details dazu finden Sie im Schwarzbuch Klimastrategie des WWF S.11f. Diese 40-seitige Analyse der Klimastrategie der Bundesregierung ist sehr lesenswert!
[17] Mehr zu diesem Thema finden Sie in: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.32ff
[18] Mehr zu diesem Thema finden Sie in: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.29ff
[19] Derzeit sind ca. 200 Anlagen in Österreich in das ETS eingebunden. Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.32
[20] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 S.35
[21] Berechnungen auf Basis: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 Anhang 4
[22] Berechnungen auf Basis: Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 Anhang 4
[23] Klimastrategie S.15
[24]Fortschrittsbericht 2016 Klimaschutzgesetz §6 z.B. S.3
[25] Klimastrategie S.15
[26] Klimastrategie S.16
[27] Umweltbundesamt: Klimaschutzbericht 2017 Anhang 4
[28] Schwarzbuch Klimastrategie des WWF S.8
[29] Das sind die 36,4 Mio. t für den ESD-Bereich, der in der Klimastrategie behandelt wird und 20,4 Mio. t, wenn wir unsere Verpflichtung aus dem ETS-Bereich erfüllen.
[30] Wegener Center für Klima und Globalen Wandel: Das Treibhausgas-Budget für Österreich S.17
[31] Schwarzbuch Klimastrategie des WWF S.10
[32] Zur Website von SERI - Sustainable Europe Research Institute
[33] Zur Website von POLFREE: Policy Options for a Resource-Efficient Economy
[34] POLFREE: Scenario: EU Goes Ahead
[35] Klimastrategie Die 3 Mal sind zu finden auf: S.33 (März 2019); S.38 (Juni 2019); S.75 (2019). Aussagen wie ab 2019 und z.B. 2019-2022 haben wir nicht gelten lassen weil klar ist, dass die Maßnahme 2019 noch nicht gesetzt ist.
[36] Klimastrategie S.67
[37] Klimastrategie S.8
[38] Klimastrategie S.20
[39] Klimastrategie S.8
[40] Klimastrategie S.37
[41] Das Schwarzbuch Klimastrategie finden Sie hier.
[42] Die Stellungnahme von Greenpeace finden Sie hier.
[44] Österreich hat – im Vergleich zu seiner Einwohnerzahl – sehr viele hervorragende Klimaforscher.
[45] Die Stellungnahme des CCCA finden Sie hier.
[46] CCCA-Stellungnahme S.2
[47] CCCA-Stellungnahme S.3
[48] CCCA-Stellungnahme S.7