Artikel 32.2 – Wen wählen? – Parteien im Klimacheck - Teil
2
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Einleitung
Im ersten Teil dieser Serie zur Nationalratswahl am 29.9.
haben wir uns die Antworten der Parteien zu Klimaschutzfragen angesehen. Weiters haben wir uns das Thema CO2-Steuern und umweltschädliche Subventionen näher angesehen. Die Ergebnisse waren – wie wir
meinen – bereits recht eindeutig. 3 von 6 Parteien sind im Hinblick auf Klimaschutz eigentlich nicht mehr wählbar. Schauen wir ob sich das Bild durch weitere Analysen verändert. In diesem zweiten
Teil analysieren wir die Wahlprogramme und sehen uns das Verhalten der Parteien auf EU-Ebene an. Zusätzlich behandeln wir wieder einige Sonderthemen, die im Wahlkampf viel diskutiert werden. Beginnen
wir gleich mit Sonderthemen:
Gefährliche Botschaften
Sich offen
gegen Klimaschutz zu stellen, traut sich heute keine Partei mehr. Dazu ist das Thema in der Öffentlichkeit zu populär. Wie wir an den Wahlprogrammen sehen werden, versuchen Parteien häufig konkrete
Aussagen zu vermeiden, was sie gegen den Klimawandel machen wollen. Man könnte sie ja sonst nach den Wahlen an ihren eigenen Aussagen messen. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind aber bestimmte
Aussagen besonders bedrohlich. Sie klingen auf den ersten Blick ganz gut, bedeuten im Kern aber nur, dass die Partei nicht aktiv gegen den Klimawandel vorgehen will. 4 dieser besonders gefährlichen
Botschaften wollen wir hier enttarnen:
1.)
Wir sind voll dafür (z.B. für eine CO2-Steuer oder etwas anderes) wenn das auch alle anderen EU-Staaten machen!
- Diese Argumentation ist besonders schön bei der SPÖ und den NEOS zu
sehen[1]. Die SPÖ und die NEOS sind für eine CO2-Steuer, wenn diese auf EU-Ebene eingeführt wird. Einen nationalen Alleingang wollen sie nicht.
- Mit dieser Haltung sagt eine Partei eigentlich, dass sie im Hinblick auf die CO2-Steuer nichts machen will.
- Denken wir nur an das unendliche Thema Flüchtlingsverteilung. Da streiten die europäischen Staaten schon seit Jahren und erzielen keine
Lösung. Zum Thema Klimaschutz gibt es zwischen den EU-Staaten auch sehr unterschiedliche Meinungen.
- Durch das Emissionshandelssystem (ETS) hat die EU bereits eine gemeinsame Klimaschutzregelung für die Stromerzeugung und die
energieintensive Industrie.
- Für alle anderen Bereiche (Verkehr, Gebäude, kleinere Industrien, etc.) gibt es gemeinsam beschlossene CO2-Reduktionsziele für alle
EU-Staaten.
- Für diese Bereiche hat es die EU aber bewusst den einzelnen Staaten überlassen, selbst die
Maßnahmen zu definieren, um die Ziele zu erreichen.
- Warum sollte die EU nun etwas zentral vorgeben, was alle Staaten selbst gestalten wollten?
Sie als
WählerIn sollten sich von diesem unehrlichen Spiel nicht täuschen lassen. Immer wenn Parteien EU-Regeln nicht wollen, rufen sie nach mehr Selbstbestimmung (Subsidiarität –
siehe dazu den Absatz: Was darf die EU und was darf sie nicht? Im Future Aid Artikel 30.1). Wenn wir aber
etwas national nicht machen wollen, – in diesem Fall eine CO2-Steuer – dann rufen wir nach mehr zentralen EU-Regeln.
2.)
Wir müssen noch viel mehr Geld für Klimawandelforschung ausgeben!
- Dieses Argument ist sehr schön bei der ÖVP zu sehen. Die ÖVP will als Hauptvorschlag zum Klimaschutz
„Österreich zur weltweit führenden Wasserstoffnation machen“. Vergessen wir vorerst die Frage, woran wir „weltweit führend“ überhaupt messen und ob das überhaupt realistisch ist. Entscheidend ist,
dass die ÖVP nicht etwa viel Geld in die Wasserstoffproduktion stecken will, sondern in die Forschung!
- Damit soll unterschwellig beim Bürger der Eindruck erweckt werden, dass beim Klimawandel noch viel geforscht werden muss, bevor man
etwas dagegen tun kann. Außerdem reduziert man mit mehr Forschung den CO2-Ausstoß nicht um eine Tonne!
- Der Eindruck der vermittelt werden soll ist gefährlich weil falsch!
- Der Ruf nach mehr Forschung ist auch aus Budgetgründen einfach. Einige Dutzend Millionen für Forschungsinstitute tun natürlich viel
weniger weh, als ein oder zwei Milliarden (= ein oder zwei Tausend Millionen) für Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß echt reduzieren.
- Nun zum Wasserstoff: Wasserstoff wird seit Jahrzehnten in der chemischen Industrie als Ausgangsstoff für Ammoniak, Salzsäure, Methanol,
Anilin etc. verwendet. Wasserstoff wird zum Schweißen (autogenes Schweißen) weltweit verwendet. Weiters wird es in der Metallurgie zur Gewinnung von Metallen benötigt.[2]
- So zu tun als ob man bei Wasserstoff noch viel erforschen müsste, ist eine bewusste Irreführung der Bevölkerung!
- Was derzeit viel diskutiert wird, ist ob man Wasserstoff als Ersatz für Benzin oder Diesel im Verkehr einsetzen soll. Aber auch da ist
die Technik längst erforscht und in der Praxis einsatztauglich.[3] Gerade beim öffentlichen Verkehr gibt es für Wasserstoff viele gute Einsatzgebiete.
Wasserstoff im PKW ist ebenfalls ausgereift und einsatztauglich.
- Das einzige Problem vom Wasserstoff ist, dass er derzeit noch vergleichsweise teuer ist!
- Warum ist Wasserstoff teuer? Weil im Preis für Kohle, Öl, Gas die Kosten für die Klimaschäden nicht beinhaltet
sind! Wenn man so wie die ÖVP CO2-Steuern ablehnt und auch den Abbau klimaschädlicher Subventionen, dann wird Wasserstoff noch lange teuer bleiben!
Sie als
WählerIn sollten sich also von diesem Ruf nach mehr Forschung bei Wasserstoff nicht täuschen lassen. Man will damit nur wirklich wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel
vermeiden, die wirklich Geld kosten. Forschung ist gut, reduziert aber keine CO2-Emissionen. Was wir brauchen, sind echte CO2-Reduktionen – wir haben keine Zeit
mehr!
3.)
Wir brauchen einen nationalen Klimakonvent, bei dem die Klimaschutzmaßnahmen beschlossen werden!
- Die SPÖ hat den Vorschlag eines Klimakonvents eingebracht, bei dem alle Parteien, Bundesländer,
Wissenschaftler und Vertreter der Zivilgesellschaft gemeinsam beraten, welche Klimaschutzmaßnahmen gesetzt werden sollen.
- Das klingt auf den ersten Blick ja ganz vernünftig. Auf den zweiten Blick ist der Vorschlag nicht toll, sondern
gefährlich.
- Die Jüngeren unter unseren LeserInnen werden sich vermutlich nicht mehr erinnern können: Von 2003 bis 2005 gab es den
Österreich-Konvent[4]. Er war ein Verfassungskonvent und sollte eine umfassende Staats- und Verfassungsreform beraten (in etwa: Welche Einheit von Bund, Ländern
und Gemeinden soll in Österreich welche öffentlichen Aufgaben übernehmen.). Herausgekommen ist – trotz enormen Aufwand – nahezu nichts und die Vorschläge sind „in der Schublade“
verschwunden.
- Für den Klimaschutz sind solche groß angelegten Diskussionsveranstaltungen – ob man sie nun Konvent nennt oder anders –
gefährlich:
- Beim Klimaschutz gibt es zwischen den Parteien große Meinungsverschiedenheiten. Warum sollten diese in einem Konvent aufgelöst werden
können?
- Für wirksamen Klimaschutz sind in den meisten Fällen einfache Gesetze ausreichend. D.h. man braucht keine Verfassungsmehrheit (2/3) im
Parlament – jede Regierung kann die notwendigen Gesetze selbst beschließen.
- Der Klimawandel erlaubt keine jahrelangen Diskussionen mehr! Außerdem ist vonseiten der Wissenschaft vollkommen klar, was getan werden
müsste – Maßnahmen muss man daher nicht mehr gemeinsam erarbeiten. Was fehlt, sind Taten!
- Eine solche langwierige Diskussion bietet natürlich die ideale Ausrede wieder lange nichts zu tun mit dem Argument, dass man natürlich
erst die Ergebnisse des Konvents abwarten muss, bevor man handeln kann.
Sie als
WählerIn sollten sich also von Vorschlägen für groß angelegte Diskussionsrunden (ob sie Konvent heißen oder anders) nicht täuschen lassen. Man will damit wieder nur Zeit gewinnen, in der
man nicht wirklich massiv etwas gegen den Klimawandel machen muss – wir haben aber keine Zeit mehr!
4.)
Für Klimaschutz müssen zunächst die BürgerInnen und Bürger ihr Verhalten ändern und nachhaltiger konsumieren!
- Dieses Argument kommt in erster Linie von der ÖVP: „Das stärkste und wirksamste Mittel gegen den Klimawandel ist
und bleibt die freie Entscheidung jedes einzelnen, bewusster zu leben und nachhaltiger zu konsumieren. Die Politik muss sicherstellen, dass jeder Mensch in Österreich diese Möglichkeit hat –
ungeachtet der sozialen Situation. Den entscheidenden Schritt muss aber jeder von uns selbst machen, wenn wir gemeinsam Erfolg haben wollen.“[5]
- Das klingt auf den ersten Blick ja ganz vernünftig. Auf den zweiten Blick verstecken sich dahinter aber gefährliche
Botschaften.
- Zunächst ist absolut richtig dass wir alle unsere Verhalten werden ändern müssen, um den
Klimawandel zu besiegen!
- Aber: Genau so richtig ist, dass der Mensch an sich nicht gut darin ist, sein Verhalten an unbekannte Risiken oder
Risiken die weit in der Zukunft liegen anzupassen. Immer wenn dieses (Nicht-)Verhalten lebens- oder existenzbedrohlich werden kann, zwingt der Staat die Bürger, das richtige Verhalten zu setzen.
Beispiele: Der Staat zwingt uns, einen Teil unseres Gehalts in eine Pensionsversicherung einzuzahlen, damit wir im Alter genug Geld zum Leben haben. Der Staat zwingt uns, einen Teil unseres Gehalts
in eine Krankenversicherung einzuzahlen, damit wir bei Krankheit medizinisch versorgt werden. Der Staat zwingt uns, einen Sicherheitsgurt und einen Helm zu verwenden, um uns bei einem Unfall zu
schützen. Die Liste lässt sich beliebig lang fortsetzen. Beim Klimawandel wo die schlimmsten Auswirkungen Jahrzehnte in der Zukunft liegen und für den einzelnen nicht klar abschätzbar
sind, soll dieses Fürsorgepflicht des Staates plötzlich nicht mehr gelten?
- Aber: 1.) Die Aussage der ÖVP verkennt aber auch völlig, dass beim Konsum immer zuerst das Angebot da ist und dann
die Nachfrage kommt. Die Verpflichtung der Unternehmen, nurmehr umweltverträgliche Angebote zu machen fehlt völlig! 2.) Weiters wird unterstellt, dass der Bürger die Umweltschäden die sein Konsum
verursacht kennt – das ist wohl lächerlich, weil der Konsument die Produktions- und Transportprozesse gar nicht kennen kann. „Ich habe heute einen Regenschirm gekauft. Woher soll ich wissen, wie
umweltschädlich oder umweltfreundlich der produziert wurde.“ Es wird nur der Konsument in die Pflicht genommen, die Unternehmen die den Konsum durch ihr Angebot erst ermöglichen aber
nicht!
- Aber: Das dritte und wichtigste Aber betrifft Infrastruktur und Gesetze. Um den Klimawandel
zu besiegen und unser Verhalten massiv zu ändern, sind enorme Infrastrukturinvestitionen erforderlich: Beispiele: Ich kann nicht mit Öffis fahren, wenn es in meiner Gemeinde kein ausreichendes
Öffi-Angebot gibt. Ich kann nicht auf ein E-Auto umsteigen, wenn es bei meinem Miethaus keine Ladesäule in der Nähe gibt. Ich kann nicht auf ein Wasserstoffauto umsteigen, wenn es nicht genug grünen
Strom für die Erzeugung von Wasserstoff gibt. Ich kann meine Milch nicht in einer Pfand-Glasflasche kaufen und diese zurückbringen, wenn es keine Milch in Glasflaschen gibt, weil der Gesetzgeber
Einweg-Plastikflaschen nicht verbietet und wenn der Gesetzgeber kein Pfandsystem gesetzlich vorschreibt. Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Der Klimawandel kann nur gestoppt
werden, wenn der Gesetzgeber den Ausbau der erforderlichen Infrastruktur fördert oder selbst durchführt und wenn der Gesetzgeber klimafreundliches Verhalten durch Gesetze
ermöglicht!
Sie als
WählerIn sollten sich von Aussagen nicht täuschen lassen, die in erster Linie den Bürger oder Konsumenten für den Kampf gegen den Klimawandel verantwortlich machen und nicht zumindest gleichwertig
die Unternehmen und die Politik. Das zeigt nur, dass diese Politiker ihre Verantwortung nicht wahrnehmen wollen. Aus Sicht von Future Aid haben diese Politiker dann aber in der Politik
nichts verloren. Bezeichnend ist auch, dass gerade die ÖVP die politischen Instrumente gegen den Klimawandel nicht einsetzen
will (keine CO2-Steuer, keine Verpflichtung zum Abbau klimaschädlicher Subventionen, nicht mehr Förderung für erneuerbare Energie, sondern nur mehr Wettbewerb,…).
Analyse der Wahlprogramme
Eine der
wichtigsten Methoden für den Klimacheck von Parteien ist die Analyse von Wahlprogrammen. Spät aber doch liegen am 9.9. alle Wahlprogramme vor.
Warum ist die Analyse der Wahlprogramme wichtig?
- Für den Klimaschutz sind nichtssagende Politfloskeln nicht hilfreich, sondern nur echte Maßnahmen die
zu echter CO2-Reduktion führen!
- In den Wahlprogrammen können wir prüfen
- ob Maßnahmen klar benannt werden oder nur schwammig angedeutet werden („wollen uns dafür einsetzen…“
„forcieren von…“ „bekennen uns zu…“
- ob durch die Maßnahmen überhaupt und unmittelbar CO2 eingespart wird (bei reiner Forschungsförderung wohl
nicht)
- ob klare Klimaschutzziele formuliert werden
- ob die Maßnahmen ausreichend sind, diese Ziele auch zu erreichen.
- Je klarer und eindeutiger die Maßnahmen benannt werden umso besser. Parteien machen aber häufig nicht gerne klare Aussagen, weil sie
dann angreifbar sind. Wir meinen, die BürgerInnen haben aber ein Recht darauf zu erfahren, was die Parteien vorhaben und wofür sie stehen.
Wie
gehen wir vor?
- Wir könnten Ihnen hier natürlich auch nur die Links zu allen Wahlprogrammen zur Verfügung stellen und Sie einladen, diese zu lesen.
Damit hätten wir unsere Aufgabe - Ihnen eine Orientierungshilfe zu bieten - aber nicht erfüllt.
- Wir haben für Sie alle Wahlprogramme (die Teile, die für Klimaschutz relevant sind) im Detail gelesen und die Ergebnisse
aufbereitet!
- Wir haben in den Wahlprogrammen der Parteien insgesamt 73 Maßnahmen für Klimaschutz gefunden (etliche natürlich mehrfach). Wir haben uns
die Mühe gemacht und alle 73 Maßnahmen aufgelistet, bewertet und kommentiert! Sie finden sie im Anhang zu diesem Artikel.
- Die Maßnahmen wurden zusätzlich in folgende Kategorien eingeteilt:
- Generelle CO2-Reduktion (z.B. CO2-Steuer, Abbau klimaschädlicher Subventionen)
- Ausbau alternativer Energie (z.B. Ausbau erneuerbarer Energien)
- Verkehr (z.B. Ausbau öffentlicher Verkehr, Umstieg auf Elektromobilität)
- Gebäude/Heizung (z.B. thermische Sanierung, Ausstieg aus fossilen Heizungen)
- Forschung (z.B. Forschungsförderung)
- Struktur/Organisation/Gesetze (z.B. Klimakommission, eigenes Ministerium, Klima in die Verfassung, Klimaschutz in
Lehrpläne)
- Die Bewertung der Parteien erfolgt nach folgenden Kriterien:
Eine Partei
ist gut
- Wenn sie klare Vorschläge für generelle CO2-Reduktion macht (weil am stärksten wirksam)
- Wenn sie klare Vorschläge für den Ausbau alternativer Energien macht (weil nur dadurch haben wir Alternativen
zu fossiler Energie).
- Wenn sie klare Vorschläge zu den Hauptkategorien Verkehr, und Gebäude/Heizung macht (weil da haben wir den
größten Handlungsbedarf und das können die Staaten selbst regeln)
- Wenn die Maßnahmen in Summe reichen könnten, die Klimaschutzziele zu erreichen, zu
denen wir uns verpflichtet haben (weil dann gibt es keine Strafzahlungen – siehe den ersten Teil des Future Aid Artikels zur
Wahlhilfe).
- Maßnahmen zu Forschung und Struktur/Organisation/Gesetzen haben
wir gering bewertet weil sie keine unmittelbare CO2-Einsparung bringen – und genau diese brauchen wir!
Wir
fassen hier die Ergebnisse der Analyse zusammen und kommentieren was uns besonders aufgefallen ist!
- Sie werden einige unserer Aussagen vielleicht hart empfinden. Was wenn Sie unseren Einschätzungen nicht trauen? Dann müssen Sie noch
immer nicht alle Wahlprogramme lesen, sondern sehen sich den Anhang mit den Maßnahmen und Kommentaren an!
Folgende Quellen haben wir verwendet:
Die
Reihenfolge der Parteien hat keine Bedeutung. Wir haben nur mit Grünen und SPÖ begonnen, weil sich an diesen Beispielen die Unterschiede besonders gut zeigen lassen.
GRÜNE: Das Grüne Umweltprogramm 2017; Kurzwahlprogramm
SPÖ: Parteiprogramm
der SPÖ - Kapitel 8: Die Pflicht zur Erhaltung unseres Planeten
ÖVP: ÖVP - Klima- und Umweltschutz ernst nehmen
NEOS: Pläne von A bis Z
- Seite 26-32; Ein Appell an
Europa; Unser ganzes Konzept
JETZT: 12 Pläne für
5 Jahre - Seite 4
FPÖ: Umweltbewusster und leistbarer Verkehr; Wirksamer Umweltschutz ohne Klimahysterie
Die Ergebnisse unserer Analyse:
Gesamtbewertung:
Zur Erinnerung: Alle Maßnahmen mit Bewertung und Kommentar finden Sie im Anhang!
- Mit Abstand das beste Konzept gegen den Klimawandel haben die Grünen!
- Sie ist die einzige Partei die alle Bewertungskriterien zumindest teilweise erfüllt und die einzige
Partei deren Maßnahmen ausreichend sein könnten die Klimaziele zu erreichen! Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Konzepte aller anderen Parteien nicht ausreichen, um
unsere Klimaziele zu erreichen!
- Mit einigem Abstand sind die Neos Zweite. Sie erfüllen ebenfalls die meisten Kriterien, haben nur viel weniger
konkrete Ziele (z.B. mit Jahreszahlen) als die Grünen. Ihre CO2-Steuer ist aber eine Mogelpackung – siehe weiter unten.
- Mit riesigem Abstand folgen in etwa gleichwertig SPÖ, ÖVP und JETZT:
- JETZT hat zwar die CO2-Steuer im Programm (zur Bedeutung siehe unseren ersten Teil
des Artikels) aber sonst nahezu gar keine andern Vorschläge – nichts zu Subventionen, nichts zu alternativen Energien, nichts zu Gebäuden/Heizung. Wie
die FPÖ hat Jetzt nur 4 Maßnahmen insgesamt!
- Die SPÖ hat zwar zu allen wesentlichen Kategorien Vorschläge, ist aber Weltmeister im Unverbindlichen!
Keinerlei klare Aussagen nur schwammige Begriffe wie „wir wollen…forcieren“, „wir bekennen uns zu…“,“wir wollen uns einsetzen für…“. Die entscheidenden Hebel CO2-Steuer und Abbau von
klimaschädlichen Subventionen fehlen.
- Die ÖVP ist Weltmeister in Showmaßnahmen, die vielleicht gut klingen, aber keine Tonne CO2 einsparen
(die ÖVP will gleich einen Klimaaktionsplan, ein Klimakabinett, einen Klimacheck, eine Klimakommission, etc.). Die ÖVP rechnet gleich selbst damit, die eigenen Ziele nicht zu
erreichen, weil sie kompensieren (= Strafe zahlen) will, wenn die Ziele nicht erreicht werden! Weiters sieht die ÖVP als einzige die größte Verantwortung für Klimaschutz beim
Bürger, der sein Verhalten ändern und nachhaltiger konsumieren soll. Mehr dazu siehe oben im Artikel. Die Hauptmaßnahme der ÖVP beim Klimaschutz ist die Forschungsförderung für
Wasserstoff – was davon zu halten ist, haben wir weiter oben im Artikel erklärt. Die entscheidenden Hebel CO2-Steuer und Abbau von klimaschädlichen Subventionen
fehlen.
- Eine eigene Kategorie ist die FPÖ. Sie gibt zwar mittlerweile zu, dass es einen Klimawandel gibt,
sieht ihn aber nicht als dramatische Bedrohung und bezeichnet entschiedene Maßnahmen als Hysterie. Folglich hat sie auch keine wirklichen Maßnahmen, die über das
Heutige hinausreichen.
Was uns sonst noch besonders aufgefallen ist:
- Die Parteien mit den schwächsten Maßnahmen setzen die höchsten Ziele! Die Grünen wollen Österreich
klimaneutral bis 2050, die ÖVP schon bis 2045 und die SPÖ schon bis 2040. Die Maßnahmen von SPÖ und ÖVP
sind aber bei Weitem zu gering, um diese Ziele erreichen zu können. Wir von Future Aid erachten es als absolut unseriös, den WählerInnen Ziele zu versprechen von denen klar
ist, dass sie unerreichbar sind!
- Die ÖVP sieht als einzige Partei den Bürger als Hauptverantwortlichen im Kampf gegen den Klimawandel
(siehe unseren Kommentar oben) und sieht ihre Aufgabe hauptsächlich in der Förderung der Forschung und der Wirtschaft bei Wasserstoff aber nicht bei gesetzlichen Maßnahmen
(CO2-Steuer, Abbau klimaschädlicher Subventionen, etc.). D.h. die ÖVP „verweigert“ als politische Partei aktiv zu werden wo nur die Politik handeln kann (Bürger und Unternehmen
können keine Gesetze machen)!
- Die SPÖ hat die Bedrohung durch den Klimawandel scheinbar noch nicht wirklich verstanden. Anders können wir uns nicht
erklären, warum sich die SPÖ traut, als Maßnahmen gegen den Klimawandel das „Öffnen für Grünflächen für alle sowie Innenhofzusammenlegungen“ zu fordern. Eine CO2-Steuer im nationalen Alleingang lehnt
sie aber ab und auch den Abbau klimaschädlicher Subventionen fordert sie nicht.
- Wir haben die NEOS bisher recht gut bewertet. Bei genauerer Analyse ist ihre CO2-Steuer aber eine
Mogelpackung. Im Einzelnen:
- Auf ihrer Webseite starten die NEOS eine Petition[6] (Unterschriftenaktion)
für eine europaweite CO2-Steuer. Diese Petition ist „an die Eliten Europas“ gerichtet. Ein Appell an Europa
- Das ist aus unserer Sicht nur peinlich: 1.) Kaum jemand findet überhaupt diese Petition. 2.) Wer sind die Eliten
Europas – schicken die NEOS die Unterschriften an Zehntausende Eliten in Europa? 3.) Warum sollen sich die Eliten Europas von einer Petition einer österreichischen Zwergerlpartei beeindrucken
lassen?
- Den Grund für diese Petition findet man einen Klick weiter unten auf der Webseite der NEOS. Dort wird in „Unser
ganzes Konzept“[7] das Konzept der NEOS für eine CO2-Steuer sehr detailliert erklärt. Unser ganzes Konzept Jetzt kommt es:
- Die NEOS sind nur für einen sehr kurzen Zeitraum (bis 2021) für einen nationalen Alleingang bei der CO2-Steuer! Ab 2022
wollen sie die CO2-Steuer offensichtlich nur mehr, wenn die gesamte EU mitmacht!
- In der Phase bis 2021 – wo die NEOS für einen nationalen Alleingang sind – ist die CO2-Steuer extrem niedrig und damit
weitgehend wirkungslos! Der Grund besteht darin, dass die NEOS im Gegenzug zur CO2-Steuer ALLE anderen Kfz-Steuern abschaffen will und die CO2-Steuer die sie stattdessen einführen würden,
muss aufkommensneutral sein – d.h. darf nicht mehr kosten als die bisherigen Steuern. Das bedeutet in der Realität, dass dann nur verbrauchsarme PKW etwas weniger zahlen würden und
verbrauchsstarke PKW etwa mehr. Dadurch würden wohl nicht viele Menschen angeregt werden, auf alternative Antriebe umzusteigen. Verglichen mit der Forderung der Grünen ab 2030 nur mehr Fahrzeuge mit
alternativem Antrieb zuzulassen, ist die NEOS CO2-Steuer eine Mogelpackung mit der die BürgerInnen in die Irre geführt werden sollen. Wir erachten das als extrem
unseriös.
Zusammenfassung:
Wir denken, die Analyse der Wahlprogramme zeigt jetzt sehr klar, welche Parteien es mit Klimaschutz wirklich ernst meinen –
leider nur eine einzige!
Verhalten der Parteien auf EU-Ebene
Als erste Methode haben wir die Antworten auf Fragen zum Klimaschutz analysiert (siehe den ersten Teil des
Artikels).
Als zweite Methode haben wir die Wahlprogramme analysiert (in diesem Artikel).
Als dritte Methode analysieren wir jetzt das Wahlverhalten der österreichischen Vertreter im
EU-Parlament.
Sie können jetzt zurecht fragen, was das mit der Nationalratswahl am 29.9. zu tun hat!
- Grundsätzlich sind Antworten auf Fragen und Wahlprogramme nur Absichtserklärungen auf Papier – das eigentliche Verhalten kann anders
aussehen.
- Wir sollten Politik an Ergebnissen messen – und in der Politik sind die Ergebnisse der Arbeit eben
Gesetze die unsere Zukunft – hoffentlich – in die richtige Richtung lenken.
- Da - wie wir bereits im ersten Teil des Artikels geschrieben haben – die türkis-blaue Regierung nur ca. 18 Monate im
Amt war und da – leider – die Abstimmungen im österreichischen Parlament nicht so transparent sind, wie im EU-Parlament verwenden wir für die Analyse das
Abstimmungsverhalten im EU-Parlament.
- Das macht auch deshalb Sinn, weil auf EU-Ebene viele weitreichende Entscheidungen für den Klimaschutz
getroffen werden. Zur Bedeutung der EU für Klimaschutz siehe unseren Artikel: Die Bedeutung der EU für den
Klimaschutz. Etliche österreichische Parteien (SPÖ, NEOS) wollen z.B. eine CO2-Steuer ohnedies nur einführen, wenn die gesamte EU dafür ist.
Die Methode, die wir verwenden:
Für diese Beurteilung verwenden wir die Analyse vom Climate Action Network Europe[8] die gerade
erst im April 2019 veröffentlicht wurde. CAN Europe ist nicht irgendeine Organisation – es ist die Dachorganisation der europäischen Umweltschutzorganisationen. Sie wird unter anderem von der EU
Kommission und vielen staatlichen Regierungen unterstützt.
- Betrachtet wird die Gesetzgebungsperiode des Europäischen Parlaments von 2014 bis
2019.
- In dieser Zeit gab es 10 wesentliche Klimaschutzthemen, über die im EU-Parlament abgestimmt wurde. Beispiele:
Richtlinie über das EU Emissionshandelssystem; Regelung über die Klimaschutzlastenverteilung zwischen den Staaten; Richtlinie zur Steigerung der Energieeffizienz; Richtlinie über erneuerbare
Energien; Regelung über Emissionsziele für PKW; etc.
- CAN wertet nun aus, wie alle 751 EU-Abgeordneten bei diesen Themen abgestimmt haben. Wer für
Klimaschutz abgestimmt hat, bekommt 1 Punkt, wer gegen Klimaschutz stimmt bzw. sich enthält, bekommt 0 Punkte. Jeder Abgeordnete
kann somit maximal 10 Punkte erreichen. Das ist nur möglich, weil die Abstimmungen im EU-Parlament vollkommen transparent sind. Jeder der sich die Arbeit macht, kann die Ergebnisse
nachprüfen!
- Danach berechnet CAN für jede Partei die im EU-Parlament ist und für jede Fraktion, einen
Prozentwert für Klimaschutz. 100% wäre das Maximum. Beispiel: Wenn eine Partei z.B. 3 Abgeordnete hat, dann konnten diese bei 10 Abstimmungen maximal 30 Punkte erreichen. Wenn
die Partei in 27 von 30 Fällen für das Klimaschutzgesetz gestimmt hat, dann bedeutet das, dass sie 90% erreicht.
Die Ergebnisse:
Die Zahlen sind so zu interpretieren:
- Die Grünen und die SPÖ stimmten in ca. 9 von 10 Fällen FÜR Klimaschutz
(90,7%)!
- Die NEOS stimmen nur in 4 von 10 Fällen FÜR Klimaschutz und in 6 von 10 Fällen GEGEN Klimaschutz.
- Die FPÖ stimmt nur in 3 von 10 Fällen FÜR Klimaschutz.
- Die ÖVP stimmte in ca. 9 von 10 Fällen GEGEN[10] Klimaschutz
(11,8%). Die ÖVP hat sogar ca. doppelt so häufig gegen Klimaschutz gestimmt als die FPÖ – von der man weiß, dass sie gegen Klimaschutz ist.
Bitte beachten Sie:
- Das sind Fakten, die jeder überprüfen kann!
- Hier werden Taten gemessen und nicht Beteuerungen der Parteien, dass sie doch ohnedies alle für Klimaschutz
sind!
Nach dieser Analyse sollte klar sein, wie sich die österreichischen Parteien auf europäischer Ebene verhalten, wenn es um Klimaschutz
geht!
Sie könnten jetzt behaupten dass die EU-Wahlen heuer bereits stattgefunden haben und wir daher auf EU-Ebene für die nächsten 5 Jahre
nichts mehr beeinflussen können.
Das stimmt nur teilweise:
- Der Klimawandel ist ein weltweites Problem. Am besten sollte dieses Problem auf weltweiter Ebene gelöst werden. Dafür gibt es die UNO
und die jährlichen Klimakonferenzen bei denen Vertreter aller Staaten über Klimaschutz verhandeln. Mit Regierungschefs wie Trump (USA) oder Bolsonaro (Brasilien) ist auf weltweiter Ebene aber derzeit
leider kein Fortschritt zu erwarten.
- Die EU-Kommission und das EU-Parlament waren in den vergangenen Jahrzehnten aber vergleichsweise Vorreiter beim
Klimaschutz (siehe dazu den Future Aid Artikel: Die Bedeutung der EU für den
Klimaschutz). Der Europäische Rat – also die Regierungschefs – waren vergleichsweise Bremser beim
Klimaschutz.
- Damit auf EU-Ebene beim Klimaschutz wirkliche Fortschritte erzielt werden können, sind also zweierlei Dinge notwendig:
Ein EU-Parlament, in dem sich die Vertreter der Parteien massiv für Klimaschutz einsetzen und möglichst viele Regierungschefs, die sich für Klimaschutz einsetzen.
- Die Zusammensetzung des EU-Parlaments wurde für die nächsten 5 Jahre bereits durch die EU-Wahl 2019 festgelegt. Das Verhalten der
österreichischen EU-Abgeordneten und der österreichischen Regierung im Europäischen Rat kann durch nationale Wahlen aber sehr wohl beeinflusst werden.
- Wenn Klimaschutzparteien im österreichischen Parlament stärker vertreten sind oder vielleicht sogar
in der Regierung vertreten sind, dann darf man durchaus erwarten, dass die österreichische Regierung auf EU-Ebene eine klimafreundlichere Haltung
einnimmt als bisher.
Gesamtzusammenfassung der beiden Teile des Artikels:
- Wir glauben, dass der 1. Teil der Wahlhilfe bereits eine gute Orientierung geboten
hat.
- Durch diesen 2. Teil der Wahlhilfe haben wir das Bild um wesentliche Elemente
erweitert:
- Eine eingehende Analyse der Wahlprogramme die einige Parteien die sich jetzt Klimaschutz auf die Fahnen heften
entzaubert hat:
- JETZT weil sie außer der Ansage für eine CO2-Steuer zu sein, überhaupt kein Konzept haben, was sie für Klimaschutz tun
wollen.
- Die NEOS weil ihre CO2-Steuer eine Mogelpackung und Irreführung der Wähler ist.
- Die ÖVP hat keine wirksamen Maßnahmen für Klimaschutz aber sehr viele Showmaßnahmen. Die ÖVP rechnet ohnedies damit die Klimaziele nicht
zu erreichen – sie hat schon aufgegeben, bevor sie überhaupt kämpft. Die ÖVP macht die BürgerInnen zum Hauptverantwortlichen für Klimaschutz.
- Bei der FPÖ ist herausgekommen, was ohnedies bereits bekannt war. Sie nimmt den Klimawandel nicht ernst und will daher auch nichts
dagegen tun.
- Eine Analyse des Abstimmungsverhaltens bei Klimaschutzthemen auf EU-Ebene:
- Damit zeigt sich sehr gut, dass außer den Grünen auch die SPÖ auf EU-Ebene für mehr Klimaschutz ist. Auf nationaler Ebene hat die SPÖ
aber keine wirksamen Maßnahmen für Klimaschutz. Sie ist immer nur dafür, wenn auch alle anderen in der EU dafür sind.
- Wenn es ernst wird – abgestimmt wird – dann sind die NEOS großteils gegen Klimaschutz.
- Die FPÖ und die ÖVP stimmen auf EU-Ebene überwiegend gegen Klimaschutz – die ÖVP, die seit vielen Jahren die UmweltministerInnen stellt,
hat beim Klimaschutz in Österreich seit Jahren nichts weitergebracht. Das Abstimmungsverhalten wie auch das Wahlprogramm zeigen nicht, dass sich das ändern würde.
- Wir glauben, dass unsere beiden Artikel die beste Orientierungshilfe für die Nationalratswahl zum Thema Klimaschutz sind, die es in
Österreich gibt!
- Das nutzt aber wenig, wenn nur wenige WählerInnen diese Artikel lesen.
Entscheidend ist dass viele BürgerInnen - die sich für besseren Klimaschutz einsetzen - bewusste Wahlentscheidungen
treffen!
Daher bitten wir Sie:
Wenn Sie unsere Wahlhilfe gut finden, geben Sie den Artikel auch an andere Menschen in Ihrem Bekanntenkreis weiter und helfen Sie
uns bei der Verbreitung!
Bleiben Sie dran – hören Sie nicht auf zu lesen!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
© Peter Jöchle 2019
Im beiliegenden pfd-Dokument (zum Download am Anfang des Artikels) finden Sie den Anhang: Die Analyse aller 73 Maßnahmen der
österreichischen Parteien zum
Klimaschutz!